Baldur’s Gate 3
Episches Fantasy-Rollenspiel für Erwachsene.
Allgemeines
Jugendschutz & Altersempfehlung
Kosten:
- Digital Deluxe Edition DLC enthält zusätzliche Inhalte
Zeit:
Spielmodi:
- max. 4 Spieler*innen
- Miteinander
- Online
Zusatzinfos:
Pädagogische Altersempfehlung
Spielbeschreibung
Die monumentale Fantasy-Rollenspiel-Reihe ist schon 20 Jahre alt und knüpft damit an den Gaming-Erlebnissen der Elterngeneration an. Vorwissen wird allerdings nicht benötigt, denn die Fortsetzung des Abenteuers an der Schwertküste spielt ein Jahrhundert nach den letzten Ereignissen.
Die Gedankenschinder entführen Personen aus der Stadt Baldur’s Gate und pflanzen ihnen Larven ins Hirn, die sie in Ihresgleichen verwandeln sollen. Unter ihnen ist auch die eigene Spielfigur, die auf ihrer Flucht weitere Abenteurer*innen mit Parasiten kennenlernt und mit ihnen telepathisch kommunizieren kann. Als Gruppe suchen sie zunächst einen Weg, um den Parasiten zu entfernen. Nach und nach entwickelt sich so eine epische, über hundert Stunden andauernde Geschichte mit zahlreichen Wendungen, Gefahren und politischen Intrigen, bei der die eigenen Handlungen spürbare Konsequenzen auf die Welt haben.
Pädagogische Beurteilung
Grundwissen zu Pen&Paper
Baldur’s Gate 3 basiert auf dem Pen&Paper-Rollenspielsystem Dungeons & Dragons (D&D), das eigentlich aus der analogen Welt stammt. Vereinfacht gesagt nehmen Spielende die Rolle einer fiktiven Heldenfigur ein. Die namensgebenden Stifte (Pen) und das Papier (Paper) werden genutzt, um die Figur auf einem Steckbrief zu beschreiben und den Verlauf zu notieren. Eine Spielleitung führt durch das Abenteuer, stellt die Gruppe vor Entscheidungen, konfrontiert sie mit Kämpfen und Dialogen. Die Spielenden würfeln bei Bedarf, um das Glücken oder Misslingen ihrer Aktionen zu bestimmen. Pen&Paper erfreut sich aktuell bei Jugendlichen hoher Beliebtheit, denn es kommt in populären Serien vor und wird Influencer*innen in Streams gespielt, auf denen sonst nur Gaming-Content läuft.
Der eigene Charakter
Baldur’s Gate 3 überträgt das oben geschilderte Spielprinzip ins Digitale. Nur dass PC oder Konsole die Spielleitungs-Funktion übernimmt – samt vertonter Dialoge und ansprechend animierten Zwischensequenzen. Schon die Charaktererstellung ist vielfältig und will wohlüberlegt sein, denn mit der Spielfigur verbringt man schließlich viel Zeit. Zur Wahl stehen nicht nur der Name, das Aussehen und das Geschlecht, es kann auch aus verschiedenen Rassen, Klassen, Fähigkeiten, Zaubern und Hintergründen gewählt werden, um eine einzigartige Heldenfigur zu erschaffen. Genretypisch gewinnt die Figur durch Erfolge im Spiel an Erfahrung und wird immer mächtiger.
Die Fantasywelt
Schauplatz des Abenteuers ist die Schwertküste in den Vergessenen Reichen (Forgotten Realms), eine der bedeutendsten D&D-Welten. Hier angekommen, können die Gebiete entweder alleine oder gemeinsam mit bis zu drei weiteren Freund*innen als Gruppe frei aus der Vogelperspektive erkundet werden. Zur eigenen Gruppe gesellen sich schon im ersten Akt interessante Figuren wie eine aggressive Kriegerin, ein mysteriöser Magier, ein hochnäsiger Dieb, der sich als Vampir entpuppt und weitere Figuren mit eigener Hintergrundstory, Interessen und Motiven. Zu ihnen lassen sich Beziehungen aufbauen – bis hin zu Romanzen mit sexuellen Darstellungen. Auch sie reagieren auf Entscheidungen. Z.B. befürworten manche Held*innen selbstsüchtige Taten, andere verfolgen eine eher gute Gesinnung. Die Gruppe will natürlich auch gut ausgestattet sein, deshalb gilt es alles, was nicht niet- und nagelfest ist, mitzunehmen und bei Händler*innen gegen Gold oder wertvolle Accessoires wie Ringe, Waffen, Rüstungen oder Schriftrollen zu tauschen.
Die Qual der Wahl
Neben der Erkundung werden auch zahlreiche vollvertonte Dialoge geführt. Durch ein Multiple Choice-System haben Spielende vielerorts die Wahl, wie sie sich in gewissen Situationen verhalten wollen. Doch statt die getroffenen Entscheidungen als „Gut“ oder „Böse“ zu deklarieren, obliegt es Spielenden selbst, eine entsprechende Bewertung der jeweiligen Handlung vorzunehmen und deren Tragweite auf zukünftige Ereignisse abzuschätzen. Die Wahl muss natürlich auch zum eigenen erdachten Charakter passen. Dabei werden Spielende oft mit Dilemmata konfrontiert, in denen ihr Handeln auf die eine oder andere Weise negative Auswirkungen hat. Z.B. können sie für das Erreichen eines höheren Ziels zahlreiche Leben opfern – oder eben nicht. Und selbst scheinbar ehrenhafte Entscheidungen können im Nachhinein unbeabsichtigte Folgen haben. Durch das freiheitliche Gameplay besteht auch die Möglichkeit, problematische Entscheidungen zu treffen. Beispielsweise ganze Menschengruppen aus egoistischen Motiven zu verraten.
Taktische Rundenkämpfe
Die Kämpfe sind rundenbasiert und taktisch anspruchsvoll. Schon vor Beginn gilt es die Figuren schlau zu positionieren. Nach und nach werden Züge ausgeführt, gezaubert, gekämpft, geheilt oder geflüchtet. Dies erfordert Spielverständnis sowie vorausschauendes Handeln. Und vor allem auch Geduld, denn Kämpfe können eine Viertelstunde dauern, manchmal sogar länger. Sind die Auseinandersetzungen anfangs noch vergleichsweise einfach zu bestehen, gestalten sie sich schon nach kurzer Zeit zunehmend fordernder und stellen selbst für erfahrene Spieler*innen eine Herausforderung dar. Um unnötigen Frustmomenten vorzubeugen, kann der Schwierigkeitsgrad während des laufenden Spiels angepasst werden. Neben immer wiederkehrenden Standardkämpfen mit ähnlichen Gegnertypen müssen außerdem zahlreiche, besonders mächtige Zwischengegner mit ausgeklügelter Taktik und Geduld besiegt werden, um die Handlung voranzutreiben. Statt einfachem „Haudrauf“ gibt es in den Kämpfen ausgesprochen viele Möglichkeiten zu gewinnen, was die Experimentierfreudigkeit anregt. Manchmal kann eine Brücke mit Feinden gesprengt, explodierende Fässer in Brand gesetzt oder ein Kronleuchter heruntergeschossen werden, um ohne direkten Waffeneinsatz zu gewinnen. Und manchmal hilft einfach der passende Dialog samt Würfelglück, um an Gegnern vorbeizukommen.
Jugendschutz
Für Kinder oder Jugendliche kann es entwicklungsbedingt schwierig einzuordnen sein, dass willentlich begangene böse Taten sanktionsfrei bleiben – und sogar oft belohnt werden. Hinzu kommen schwierige Themen, die in den zahlreichen Haupt- und Nebenaufgaben bespielt werden, darunter Leichenschänderei, Prostitution oder Auftragsmorde. Zudem können im Konflikt Unbeteiligte oder Zivilist*innen bekämpft und getötet werden. Neben zahlreichen Blut- und Verletzungsdarstellungen in Kämpfen werden an einzelnen Schauplätzen auch zerstückelte Leichen und andere Gräueltaten dargestellt, die sich dem Genre des Horrors zuordnen lassen. Dies kann Minderjährige emotional überfordern oder nachhaltig ängstigen.
Viel Abenteuer fürs Geld
Auch das Kostenmodell des Abenteuers ist traditionell – und das ist gut so! Es gibt keine nervigen Kaufappelle, keinen Online-Zwang, keine Extras gegen Echtgeld für schickere Frisuren oder gar mächtige Fähigkeiten. Ganz wie früher handelt es sich um ein in sich abgeschlossenes Abenteuer mit epischem Umfang zum Festpreis. Zudem ist der Wiederspielwert enorm hoch. Denn in einem Durchlauf kratzen Spielende nur an der Oberfläche des gesamten Contents – immerhin umfasst das Spiel über 179 Stunden an Zwischensequenzen für die Ergebnisse von unterschiedlichen Entscheidungen.
Fazit
Baldur’s Gate 3 ist ein faszinierendes, episches Rollenspiel, das mit seiner tiefgründigen Geschichte, vollvertonten Dialogen, beeindruckenden Kulissen und komplexer Charakterentwicklung erwachsene Genrefans anspricht. Ob gemeinsam mit Freund*innen oder allein: Die Mischung aus rundenbasierten Kämpfen mit Würfelglück, entscheidungskritischen Dialogen und offener Erkundung verleiht dem Spiel eine abwechslungsreiche Dynamik. Besonders faszinierend sind die zahlreichen folgenschweren und emotional inszenierten Entscheidungen, die Spieler*innen während des Abenteuers abverlangt werden. Fans von Rollenspielen, die sich in einen Charakter hineinversetzen wollen, finden hier einen wahren Spielplatz voller Möglichkeiten. Minderjährige könnten durch belastende Themen, drastische Gewaltdarstellungen, Horror und die Möglichkeit, moralisch schwierige Handlungen sanktionsfrei durchführen zu können, emotional überfordert werden. Viel Zeit, Geduld und die Bereitschaft, sich auf ein komplexes Abenteuer einzulassen, sollte vorhanden sein, denn das Epos kann über 100 Stunden dauern und hat einen hohen Wiederspielwert.