eSport

eSport meint das meist teambasierte und wettbewerbsmäßige Austragen von digitalen Spielen. Das Phänomen erfreut sich besonders in der Jugendkultur wachsender Beliebtheit und wird daher auch in der Jugendarbeit immer relevanter. In der Jugendarbeit gibt es jedoch keine organisatorischen Strukturen, um eSport für Jugendgruppen alltäglich in der Freizeit und in Jugendeinrichtungen zu etablieren.

Ein eSport-Team Jugendlicher spielt gemeinsam vor PCs.

Ist Sport in den meisten Köpfen noch immer unmittelbar mit körperlicher Anstrengung verbunden, misst man sich beim eSport hingegen in rein elektronischen Wettkämpfen in geeigneten Video- und Computerspielen. Laut dem eSport-Bund Deutschland bestimmt sich der Vergleich zu sportlichen Leistungen aus dem ‚‚Zusammenwirken einer zielgerichteten Bedienung der Eingabegeräte in direkter Reaktion auf den dargestellten Spielablauf bei gleichzeitiger taktischer Beherrschung des übergreifenden Spielgeschehens.“ Voraussetzung ist außerdem, dass der Wettkampf gleichzeitig von Menschen gegen Menschen ausgetragen wird, egal ob allein oder im Team. Ein zeitversetzter Leistungsvergleich bzw. ein Spiel von Menschen gegen Computerprogramme wird vom eSport-Begriff abgegrenzt.

Ursprung

Schon seit den Anfängen der Videospiele haben sich Spieler*innen in unterschiedlichen Disziplinen auf elektronischer Ebene gemessen. Highscores und Bestzeiten bestimmten die Arcadehallen schon in den 1970er Jahren und die damaligen Spiele lebten vom einfachen Wettkampfgedanken. Im Zeitalter des Internets war es schließlich möglich, noch einfacher gegen andere Spieler*innen kompetitiv anzutreten. Mit zunehmender Komplexität der Spiele hatte dies auch einen großen Niveauanstieg zur Folge. Im Zuge von LAN-Partys und organisierten Gaming-Turnieren wurde erstmals der Begriff eSport geprägt.

Der größte Umschwung kam zur Jahrtausendwende. Mit den World Cyber Games (WCG) in Seoul wurde 2000 ein bisher nicht dagewesenes eSport-Turnier veranstaltet, welches Spieler*innen aus aller Welt seine Pforten öffnete. Mit einer Vielzahl an internationalen Spieler*innen und hohen Preisgeldern im sechsstelligen Bereich setzte das Turnier neue Maßstäbe.

Neben der immer größer werdenden Turnierszene hat vor allem die weltweit zunehmende Vernetzung eine große Rolle bei der Verbreitung von eSport gespielt. Mittlerweile gibt es Turniere die ganze Arenen füllen und international zahlreiche Zuschauer*innen erreichen.

Faszination

Sport verbindet, schafft ein Gemeinschaftsgefühl und ist für viele Menschen vor allem eines – emotional. Diese grundsätzliche Faszination lässt sich auch auf den digitalen Sport übertragen, denn das Internet ist voll von emotional aufregenden eSport-Momenten: Treffer in letzter Sekunde, Siege von Underdogs, Tränen und Freude. Nicht-Spieler*innen mögen mit den Achseln zucken – das Gefühl, einen erhofften Sieg mit zahlreichen begeisterten Fans zu erleben ist jedoch unbeschreiblich. Nicht umsonst sind die Hallen der großen Events ausgebucht.

Selber spielen und damit das Hobby zum Beruf machen ist für Kinder und Jugendliche ein reizvolles Ziel. Professionelle Gamer*innen verdienen ihren Lebensunterhalt mit dem Lieblingsspiel, unterschreiben Verträge bei Vereinen, gewinnen Preisgelder und bekommen Werbedeals. Um mit den Besten mithalten zu können, gehen eSportler*innen an persönliche Grenzen, verbessern sich stetig und werden professionell gecoacht.

„Sport kennt keine Grenzen“ – Ein Satz, der den eSport perfekt beschreibt. Ist man beim Fußball auf Bekannte und Freund*innen aus der Umgebung angewiesen, kann über das Internet mit so gut wie jedem gespielt werden, auch international. Sprachbarrieren gibt es in der Regel keine, denn die Spieler*innen verlassen sich aufeinander und verstehen sich auch nonverbal. Daher bestehen professionelle Teams oft aus Menschen unterschiedlichster Länder.

Genres und Spiele

Lassen sich reguläre Sportarten in verschiedene Disziplinen unterteilen, separiert eSport die Spiele in verschiedene Genres. Gute Spieler*innen dominieren nicht automatisch in mehreren wettbewerbsfähigen Games, oft haben eSportler*innen aber ein fortgeschrittenes Können innerhalb des jeweiligen Genres, in welchem ihr Spiel liegt. Folgenden Genres sind besonders beliebt:

Echtzeit-Strategiespiele und MOBAs

Eines der wichtigsten Genres für eSport sind Echtzeit-Strategiespiele. Im Gegensatz zum rundenbasierten Strategiespiel führen die Spielenden ihre strategischen Aktionen simultan, also in Echtzeit, aus. Eine sehr beliebte Unterkategorie der Echtzeit-Strategiespiele sind die sogenannten MOBAs (Multiplayer Online Battle Arena). Ein Team mit mehreren Held*innen versucht auf einer symmetrischen Karte die Basis des gegnerischen Teams einzunehmen. Mit League of Legends (LoL) und Dota 2 gehören zwei der größten eSport-Titel zum MOBA-Genre.

Ego-Shooter

Die actiongeladenen Ego-Shooter verlangen taktisches Verständnis und eine gute Auge-Hand-Koordination. Ziel ist es, die Spieler*innen vom gegnerischen Team auf der Karte mit Hilfe von verschiedenen Waffen auszuschalten. Einer der populärsten Taktik-Shooter ist Counter Strike. Aber auch neuere Titel wie Overwatch erfreuen sich großer Beliebtheit.

Kampfspiele

Die Mechanik hinter Kampfspielen oder Beat ‚em Ups ist denkbar einfach. Zwei oder mehrere Kontrahent*innen stehen sich gegenüber und versuchen den jeweils anderen mit unterschiedlichen Techniken zu besiegen, indem die Lebenspunkte der Gegner auf null reduziert werden. Populäre Titel des Genres sind das Street Fighter-Franchise oder die Super Smash Bros.-Reihe.

Sportsimulationen

Auch digital simulierter Sport ist in der eSport-Welt beliebt. Der virtuelle Ableger findet aufgrund der bekannten Regeln echter Sportarten und der geringen Einstiegshürde oft auch bei der breiteren Masse Anklang. Die Fußballsimulation FIFA dominiert das Genre seit Jahren mit jährlich erscheinenden Spielen. Zum erweiterten Kreis der Sportspiele wird jedoch auch das Auto-Fußball-Spiel Rocket League gezählt.

Battle-Royale

Battle-Royale ist mit Abstand das jüngste Genre im eSport und erfreut sich seit 2017 immer größerer Beliebtheit. Zu Beginn einer Runde kämpft eine bestimmte Anzahl an Spieler*innen auf einer großen Karte um das Überleben ihres Charakters. Wer am Ende übrig bleibt, gewinnt das Match. Relevante Titel sind Fortnite: Battle Royale, Playerunknown’s Battleground (PUBG) sowie Apex Legends. Aufgrund der großen Beliebtheit des Genres integrieren auch etablierte Spiele-Reihen immer öfter einen Battle-Royale-Modus.

Events und Turniere

Mittlerweile gibt es verschiedene publikumsstarke eSport-Veranstaltungen mit hohen Preisgeldern. Zu den bekanntesten gehören das jährlich stattfindete Dota 2-Turnier The International, die League of Legends World Championships sowie die Pro Leagues in unterschiedlichen Spielen der ESL (Electronic Sports League), einem der bekanntesten Wettbewerbsveranstalter der eSport-Szene. Besonders für Kinder und Jugendliche ist es reizvoll, diese Veranstaltungen nicht nur im Online-Stream, sondern auch live in Arenen oder Stadien auf der großen Leinwand zu sehen.

Auszug aus dem Merkblatt eSports undJugendschutz der AJS:

Der Veranstalter eines öffentlichen eSports-Events muss gewährleisten, dass die allgemeinen Jugendschutzvorschriften eingehalten werden wie beispielsweise der Ausschank von Alkohol oder Rauchen in der Öffentlichkeit. Falls ein eSports-Wettbewerb in einer Gaststätte abgehalten wird, sind die Zeit- und Altersgrenzen nach § 4 Jugendschutzgesetz(JuSchG) ergänzend zu berücksichtigen.

Rechtliche Aspekte

Im eSport-Bereich gibt es ein Spannungsfeld zwischen Jugendkultur und Jugendschutz. Kinder und Jugendliche dürfen aufgrund der gesetzlichen Alterskennzeichen einige Spiele noch nicht selber spielen, wollen bei diesen aber online in Streams oder vor Ort bei Turnieren zuschauen. 

Noch gibt es keine verbindliche Auslegung, wie das Jugendschutzgesetz und der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag in Bezug auf USK-Altersbeschränkungen bei eSport-Veranstaltungen anzuwenden ist. Laut § 12 JuSchG dürfen Bildträger nur der jeweiligen Altersstufen zugänglich gemacht werden, aber der Begriff des “Zugänglichmachens” ist im JuSchG nicht klar definiert.

Auf der einen Seite sind durch die fehlende Interaktivität und die Möglichkeit, sich dem Geschehen entziehen zu können bestimmte Wirkungen schwächer ausgeprägt. Das Gesamtkonzept von eSport-Events kann jedoch aufgrund der atmosphärischen Aufmachung und der spannungsverstärkenden Moderation eine zusätzlich belastende Wirkung auf Kinder und Jugendliche haben, was wiederum zu einer verstärkten Immersion führen kann.

Anerkennung als Sport

Der Deutsche Olympische Sportbund definiert Sport nach deutschen Recht als eine eigene, sportartbestimmende motorische Aktivität (liegt insbesondere nicht vor bei Denkspielen, Bastel- und Modellbautätigkeit, Zucht von Tieren, Dressur von Tieren ohne Einbeziehung der Bewegung des Menschen und Bewältigung technischen Gerätes ohne Einbeziehung der Bewegung des Menschen). Zudem muss die Ausübung der eigenmotorischen Aktivitäten Selbstzweck der Betätigung sein und die Sportart muss die Einhaltung ethischer Werte, wie z.B. Fairplay, Chancengleichheit, Unverletzlichkeit der Person und Partnerschaft durch Regeln und/oder ein System von Wettkampf- und Klasseneinteilungen, gewährleisten.

Die Frage, ob eSport als Sport anerkannt werden sollte, wird schon seit längerer Zeit diskutiert. Was zuerst nach simpler Definitionssache klingt, kann für die Szene einen gewaltigen Einfluss haben und viele Nachteile aus dem Weg räumen. Klassische Sportvereine werden steuerlich privilegiert und staatlich gefördert, eSport-Vereine haben hingegen wenig Zugriff auf Fördermittel. Bei offizieller Anerkennung kann man auf öffentliche Zuschüsse und rechtliche Vorteile hoffen, die viele eSport-Vereine dringend benötigen. Sollte eine offizielle Anerkennung stattfinden, würde auch das Einreisegesetz für professionelle Spieler*innen angepasst werden.

Hans Jagnow, ehemaliger Präsident des eSport-Bunds Deutschland, plädierte für die Anerkennung und präsentierte eSport als Bewegung mit gesellschaftlicher Relevanz. Professionelle Spieler*innen verstehen sich als Athlet*innen, das Argument der körperlichen Aktivität lasse er nicht gelten, eSport habe ein eigenes motorisches Profil, es erfordert körperliche Disziplin und eine beachtliche Hand-Augen-Koordination, um erfolgreich zu sein. Außerdem seien Bewegungsanforderungen auch beim Schach, einer anerkannten Sportart, sehr limitiert.

Neben dem Argument des Bewegungsmangels, müssen auch die unterschiedlichen Spielgenres aus Sicht des Sportausschusses getrennt betrachtet werden. So seien alle die Spiele nicht förderungswürdig, die keinen bestehenden Sport nachahmen. Auch der Deutsche Behindertensportverband e.V. lehnt solche eSport Titel ausdrücklich ab, die darauf abzielen, virtuelle, menschliche Spielfiguren zu verletzen und zu töten und empfiehlt den Landes- und Fachverbänden, ihr Engagement auf Sportsimulationen zu beschränken. 

Während sich Akteur*innen in Deutschland noch nicht einig darüber sind, wie eSport zu handhaben ist, finden im internationalen Umfeld schon deutliche Veränderungen statt und in vielen Ländern ist eSport als Sport anerkannt.

Inklusion und Diversität

Geschlechterverteilung im eSport

Auch im eSport ist die Geschlechterverteilung bedauerlicherweise unausgeglichen. Die Anzahl an professionellen Spielerinnen nimmt zwar stetig zu, dennoch ist eSport noch immer ein ein sehr männerdominiertes Feld. Und das obwohl sich die Leistungen von Spielerinnen und Spielern ungefähr die Waage halten. Im Unterschied zum traditionellen Sport sind die motorischen Gegebenheiten bei männlichen und weiblichen Gamer*innen identisch, kein Geschlecht hat auf biologischer Ebene Vorteile.

Leider zeichnet sich dennoch eine Trennung der Geschlechter im eSport ab, was durch den ungleichen Anteil an Profi-Spielern eine noch größer werdende Schere entstehen lässt. Die koexistierenden Turniere und Teams, welche ausschließlich von Spielerinnen besetzt werden, bieten sich zwar für das Sammeln von Erfahrungen an, können sich aber nur schwer von den großen Events abheben.

eSport und Inklusion

Gaming und eSport haben eine große Relevanz für Menschen mit Behinderung. Das gemeinsames Messen in digitalen Spielen ermöglicht den Abbau von Barrieren, die Stärkung des Gemeinschaftsgefühls und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, besonders für Menschen mit motorischen Einschränkungen. Sportsimulationen bieten zudem eine Möglichkeit, Sport in den Alltag zu integrieren. Außerdem können manche Titel für Menschen mit Behinderung auch eine Verbesserung der kognitiven und sensomotorischen Fähigkeiten mit sich bringen.

Mögliche Barrieren können mit assistiven Technologien, Einstellungsmöglichkeiten und vor allem spezifischen Regelwerken überwunden werden. Angepasste Controller oder alternative Eingabemethoden können fehlende Kräfte oder Bewegungseinschränkungen auffangen und eine individualisierte Steuerung bieten. Auch Assistenz-Modi können Spieler*innen, die eine Unterstützung benötigen, helfen und somit einen ausgeglichenen Wettkampf ermöglichen. 

Inklusiven eSport zu ermöglichen heißt also, dass es auch Disziplinen gibt, die eine hohe Zugänglichkeit haben. Wichtig ist daher neben einem fairen Miteinander und der Förderung der Chancengleichheit auch die Auswahl von geeigneten Spielen. Inklusiv gestalteter eSport ermöglicht einen direkten Austausch auf Augenhöhe. So kann ein Verständnis füreinander gefördert und Vorurteile können abgebaut werden.

Durch Gaming werden Menschen zusammengebracht und verbunden, ganz egal, welcher Herkunft, welchen Geschlechts und ob mit oder ohne Behinderung. Diese Verbindung ist auch im eSport spürbar und sollte deswegen gestärkt werden.

Pädagogische Rahmung

Die Bedeutung von eSport für Kinder und Jugendliche nimmt stetig zu. Diese Popularität und die einhergehende Faszination kann die Jugendhilfe durch verschiedene Angebote, wie kleinere Turniere oder organisierte Ligen zwischen mehreren Jugendzentren, auffangen. Letztlich ist eSport nah an Lebenswelt vieler Jugendlicher und ermöglicht dadurch eine Beziehungsarbeit durch gemeinsames Interesse. Neben Anreizen zur Förderung von Sozialverhalten, ist auch ein vereinfachter Einstieg in die Bearbietung medienpädagogischer Themen, wie Influencer*innenkultur oder Cybermobbing, möglich. Auch gemeinsame Ausflüge zu eSport-Events, Projekte zu Identitätsbildung, regelmäßige Coachings oder die Etablierung eines eigenen eSport-Teams aus der Jugendeinrichtung sind möglich.