Pokémon Go
Innovativer, aber kurzweiliger Sammelspaß aus dem Pokémon-Universum.
Jugendschutz & Altersempfehlung
Kosten:
Zeit:
Spielmodi:
- Miteinander
- Online
- Gegeneinander
Zusatzinfos:
Pädagogische Altersempfehlung
Schnell kann man durch das Augmented-Reality Gameplay mit Fremden in Kontakt treten.
Spielbeschreibung
Sie heißen Pikachu, Glumanda, Knofensa oder Rattfratz und lösen bei vielen Erwachsenen über 35 Jahren wahlweise Kopfschütteln, Achselzucken oder eine Abwehrhaltung aus. Bei Jüngeren, die damit sozialisiert wurden, sind sie allerdings überaus beliebt und damit untrennbar mit positiven Kindheitserinnerungen verbunden. Gemeint sind die berühmt-berüchtigten Pokémon. Und sie haben es wieder einmal geschafft, einen Hype auszulösen.
Bei der kostenlosen App Pokémon Go verschmelzen Realität und Spiel. Auf einer Entdeckungstour durch das reale Umfeld können Pokémon entdeckt, gesammelt, in Arenen trainiert und in Wettbewerben gegen andere Teams eingesetzt werden. Um sie zu fangen, muss der Spieler jetzt also tatsächlich das heimische Sofa verlassen, sich bewegen und kooperieren.
Das Kofferwort Pokémon besteht aus Pocket (engl. für Tasche) und Monster und beschreibt die Protagonisten der 1996 erschienenen, gleichnamigen und beliebten Videospiel-Serie. Aufgrund des großen Erfolges gibt es auch eine ebenso populäre Anime-TV-Serie, ein Sammelkartenspiel, zahlreiche Kinofilme und Unmassen an Merchandiseartikeln. So finden sich im Internet, Supermärkten und Fanshops Sammelfiguren, Zeitschriften, Tassen, Trinkflaschen, Aufkleber, Kleidung und vieles mehr. Zwischenzeitlich gab es sogar einen Pokémon-Vergnügungspark.
Egal ob Film, Spiel oder App – Ziel ist es, ein „Pokémon-Meister“ zu werden. Dazu müssen die Wesen zunächst eingefangen werden. Anschließend können die Trainer*innen sie in sogenannten Pokémon-Kämpfen gegen andere antreten lassen. Auf diese Weise werden sie trainiert und können sich sogar in mächtigere Versionen weiterentwickeln.
Wie bereits beschrieben, handelt sich um eine Art Smartphone-Schnitzeljagd im Freien (Location-based Game). Die App fordert die Spieler*innen auf, sich an „echte“ Orte zu begeben, dort das Smartphone vor sich zu halten, um die Taschenmonster virtuell im Bild der Rückkamera eingeblendet zu sehen. Nun gilt es einen virtuellen Pokéball (der „Käfig“ eines Pokémon) zielgerichtet zu werfen, um es einzufangen. Diese um virtuelle Elemente ergänzte Realität nennt man „Augmented Reality“, zu Deutsch „erweiterte Realität“.
Ein ähnliches Prinzip gibt es auch bei dem Spiel „Ingress“ des gleichen Herstellers. Und hier wie da bildet eine aufgehübschte Google-Maps-Oberfläche die Grundlage. Diese zeigt an, wo und was es im Umfeld zu entdecken gibt. In Pokémon-Arenen können Spieler*innen ihre Wesen trainieren und gegen andere antreten lassen, an sogenannten Pokéstops gibt es hingegen Zufalls-Gegenstände. Und natürlich stolpert man vielerorts über die kleinen Taschenmonster. Pokémon haben bestimmte Elemente. So sind manche Wesen eher – aber nicht ausschließlich in Wassernähe, andere eher des Nachts auffindbar. Als zusätzlichen Anreiz gibt es Herausforderungen, die mit Medaillen belohnt werden.
Pokémon Go fordert und fördert den Kontakt mit anderen Spielern. Schließlich wird die Umwelt zum Spielplatz eines Wettbewerbs. So ist es kaum verwunderlich, dass sich an den wichtigen Orten auch Spieler*innen begegnen und sich austauschen. Zudem werden diverse Kommunikationsplattformen zur Absprache genutzt.
Ab einem bestimmten Spielfortschritt wird der Trainer dazu aufgefordert, sich einem von insgesamt 3 Teams anzuschließen. Diese Teams können Pokémon-Arenen besetzen und mit schützenden Taschenmonstern ausstatten. Hier können auch die eigenen Wesen trainiert werden, wodurch sich deren Fähigkeit sowie das Prestige und ab einer gewissen Menge auch das Level der Arena verbessern. Nun können mehr Pokémon zum Schutz platziert werden. Ziel ist es also mit Teammitgliedern zusammenzuarbeiten, um eine möglichst starke Verteidigung aufzubauen. Und umgekehrt gilt es, die gegnerischen Arenen anzugreifen und sie für das eigene Team zu sichern. Da die gegnerischen Parteien nicht untätig sind, entsteht so ein dynamisches und spannendes Hin und Her, da die Machtverhältnisse der beteiligten Gruppen ständig wechseln können.
Pädagogische Beurteilung
Ist der Kampfaspekt problematisch?
Die Vorurteile gegenüber Pokémon hatten in den späten 1990er Jahren Hochkonjunktur. Spiel und Serie wurden vielfach als sinnlose Zeitverschwendung dargestellt. Vor allem die kampfbetonte Handlung wurde kritisiert. Allerdings war und ist die Vernichtung des Gegners in den Kampfarenen nicht das Ziel, sondern viel eher ein taktisches Kräftemessen. Ähnlich des Stein-Schere-Papier-Prinzips, muss das Element eines Pokémon berücksichtigt werden, um erfolgreich zu sein. Die Taschenmonster sind nach einer Niederlage geschwächt, sterben allerdings nicht. Die grafischen Darstellungen sind ebenfalls harmlos und wirken nicht bedrohlich.
Nicht jedes Freizeitinteresse muss zwingend „pädagogisch wertvoll“ sein. Für Heranwachsende ist es wichtig, ein gemeinsames Thema zu haben, für das sich ihre Eltern nicht interessieren und durch das sie sich abgrenzen können.
Wie zeitintensiv ist die Jagd nach den Taschenmonstern?
Ähnlich wie in herkömmlichen Online-Rollenspielen können auch höhere Ränge durch erfolgreiche Aktionen erreicht werden. Hierdurch lassen sich entsprechend bessere Pokémon fangen und trainieren und die Spieler*innen erhälten Zugang zu stärkeren Gegenständen, wie z.B. Superbälle zum effektiven Einfangen der Pokémon. Um dies zu erreichen, muss allerdings einiges an Zeit investiert werden. Das Spiel selbst baut dabei keinen direkten Zeit- und Handlungsdruck auf. Vielmehr könnte dieser subjektiv empfunden werden. Zudem hat das Spiel kein Ende und wird vermutlich über Jahre hinweg um neue Inhalte erweitert. Auch das Kräfteverhältnis der Teams ändert sich konstant. Hierdurch müssen sich die Gruppen auf immer wieder neue Herausforderungen einstellen und koordiniert zusammenwirken, was zur Langzeitmotivation beträgt.
Erfahrungen mit dem Spiel „Ingress“ haben gezeigt, dass die erfolgsorientierten Spieler sich sehr stark und über einen langen Zeitraum damit beschäftigen können und wollen. Zu dem Hobby haben sich auch Stammtische oder Foren entwickelt, um dort gemeinsam Taktiken hinsichtlich Gebietszuständigkeiten und Einsatzplänen zu besprechen. Die hierbei entstehenden Bekanntschaften tragen laut Aussage der Gamer zur Langzeitmotivation bei und sorgen auch für ein gewisses Verantwortungsbewusstsein. Bei manchen könnte der Druck entstehen, ständig eingreifen zu wollen, zumal aktive und hilfsbereite Spieler generell in kooperativen Games ein besonders hohes Ansehen in der Community innehaben.
Bewegen sich die Spieler mehr?
Das Spielen von Location-based Games kann die Nutzer*innen dazu anregen, sich mehr zu bewegen. Schließlich begibt man sich nicht mehr nur von A nach B, sondern erkundet seine Umgebung, läuft zu abseits des eigentlichen Weges eingeblendeten Pokémon und spielrelevanten Orten. Und die Erfahrungen aus dem Spiel Ingress zeigen, dass man sich auch dann auf Tour begibt, wenn eigentlich Sofazeit angesagt wäre. Auch die Meldung, dass ein gegnerisches Team eine nahgelegene Arena belagert, kann motivierend sein. Erwähnt sei die Tatsache, dass Motorisierte den Wettbewerb sehr stark verzerren. Denn bei niedriger Geschwindigkeit können auch während des Fahrens Pokémon gesammelt werden.
Steigt das Unfallrisiko im Straßenverkehr?
Kaum einen Tag erschienen, schon wird von der ersten Massenkarambolage durch Pokémon Go berichtet. Eine Ente, wie sich herausstellte. Klar – ob als Fußgänger*innen, Fahrrad- oder Autofahrer*innen – wer sich im Straßenverkehr von seinem Smartphone ablenken lässt, hat auch ein höheres Unfallrisiko. Und solche Spiele können erfolgsorientierte Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene dazu verleiten, unterwegs die Karte im Auge zu behalten und nach Pokémon oder anderen spielrelevanten Orten Ausschau zu halten.
Allerdings ist Gelassenheit angebracht. Denn davon, dass nun eine ganze Horde Spieler*innen wie die Lemminge durch die Straßen irren und vor Laternen laufen, ist nicht auszugehen. Vielmehr sollten Heranwachsende allgemein für Gefahren bei der Smartphonenutzung im Straßenverkehr sensibilisiert werden.
Ist das Spiel kostenlos?
Der Download und die Nutzung sind kostenlos. Allerdings kann der Spieler virtuelles Poké-Münzen über den Ingame-Shop erwerben. Zwar kann man sich alle Gegenstände auch erspielen, allerdings zielen die Mikrotransaktionen gerade auf die erfolgsorientierten Impulskäufer*inenn ab. Wird ein seltenes Pokémon entdeckt und es sind gerade keine Pokébälle zum Fangen parat, kann schnell der Reiz entstehen, Geld ausgeben zu wollen. Verträge mit Minderjährigen (7–17 Jahre) sind zwar grundsätzlich unwirksam, sodass Vertragspartner dementsprechend auch keinen Zahlungsanspruch haben. Ausgenommen davon sind allerdings Verträge, in denen der Minderjährige das Entgelt vollständig mit Mitteln bewirkt hat, die ihm zu diesem Zweck oder zur freien Verfügung von dem Vertreter oder einem Dritten überlassen worden sind (=Taschengeld; vgl. „Taschengeldparagraph“ § 110 BGB). Eltern können allerdings die Geräte so konfigurieren, dass keine Zahlungen getätigt werden können.
Spieler*innen müssen sich außerdem darüber bewusst sein, dass hinter der Marke Pokémon eine riesige Marketing-Maschinerie steht. So sind Fans mit einem gewissen Markenbewusstsein ständigen Kaufanreizen abseits des eigenen Spiels ausgesetzt.
Was gibt es hinsichtlich des Datenschutzes zu beachten?
Neben Geld sind Daten zu einer wichtigen Währung geworden. So ist es kaum verwunderlich, dass auch zahlreiche Nutzungsdaten gesammelt und zu Analyse-, Personalisierungs- und Marketingmaßnahmen verwertet werden. Dazu gehören auch Bewegungsprofile. Zudem können laut AGBs personenbezogene Informationen aus Sicherheitsgründen nach eigenem Ermessen an staatliche Stellen wie Ermittlungsbehörden oder Privatpersonen weitergegeben werden. Eltern unter 13-jähriger Spieler*innen können zudem alle Informationen einfordern (Näheres auf netzpolitik.org). Diese Bestimmungen sollten vor dem Download kritisch geprüft werden.
Datenschützer*innen befürchten außerdem, dass personenbezogene Profile zukünftig auch anderen Anbietern mit kommerziellem Hintergrund, z. B. für standortbasierte Werbung, zur Verfügung gestellt werden.
Fazit
Die von Pokémon Go geforderten Fähigkeiten, wie etwa Kaufanreizen Stand zu halten, die eigene Spielzeit kritisch zu reflektieren, sich im Kontakt mit Fremden vorsichtig zu verhalten, den Wert von Daten zu erkennen und sicher im Straßenverkehr zu agieren, können bei jüngeren Spieler*innen noch nicht ausreichend ausgebildet sein. Deswegen ist das Spiel erst für Jugendliche ab 12 Jahren geeignet.