
Slay the Princess – The Pristine Cut
Faszinierende, aber sehr brutale Horror-Visual-Novel über das Ende der Welt, das nur durch das Töten der Prinzessin verhindert werden kann.
Allgemeines
Jugendschutz & Altersempfehlung
Spielmodi:
- nur alleine spielbar
Pädagogische Altersempfehlung
Je nach Verlauf der Geschichte gibt es explizite Darstellungen von Gewalt (z.B. Verstümmelung, Mord, Suizid…), Schreckmomente sind vereinzelt vorhanden.
Spielbeschreibung
In der spielbaren Visual Novel Slay the Princess sollen wir genau das machen, was der Titel verrät und eine Prinzessin töten. Die Geschichte wird hierbei, wie in einer Visual Novel üblich, komplett in Standbildern mit wenigen Animationen, dafür aber mit zusätzlichem Text und zwei Stimmen erzählt. So hören und lesen wir uns durch die Handlung und können dann aus einer Liste wählen, was wir denken, sagen oder machen wollen, wobei manche Auswahlmöglichkeiten je nach Situation vorgegeben sind. Je nachdem, was wir auswählen, wird die Geschichte unterschiedlich weitererzählt. Also müssen wir keine Gegenstände aus einer Liste auswählen oder Kombinationsaufgaben erfüllen, sondern spielen die interaktive Geschichte nach. Speichern ist zu jedem Zeitpunkt möglich, zu einzelnen Ereignissen oder Entscheidungen können wir aber nicht zurückspringen, um beispielsweise Entscheidungen rückgängig zu machen. Dies ist aber auch nicht notwendig und Teil der Spielerfahrung. Die Geschichte ist nach spätestens acht Stunden beendet und kann wieder von vorn begonnen werden.
Pädagogische Beurteilung
Das Ende der Welt
„Du bist auf einem Pfad im Wald. Und am Ende des Pfades steht eine Hütte. Und im Keller dieser Hütte ist eine Prinzessin. Du bist hier, um sie zu erschlagen. Tust du es nicht, ist es das Ende der Welt.“
Mit diesen Startinformationen, erzählt von einem Erzähler in einer ruhigen Tonart in englischer Sprache, werden wir ohne weitere Einleitung, Informationen zum Hintergrund und Orientierung in dieses ungewöhnliche Spiel hineingeworfen. Es erscheint zwar ein Mausanzeiger, jedoch können wir damit keinen Weg auswählen und laufen, sondern sind auf Antwortmöglichkeiten in Textform am oberen Bildschirmrand beschränkt. Da wir uns zu Beginn also eher verloren fühlen, sind die Antwortmöglichkeiten genau darauf ausgelegt. So können wir direkte Fragen an den Erzähler richten und so ins Gespräch kommen, um weitere Informationen zu dieser verwirrenden Situation zu bekommen. Manche Antwortmöglichkeiten bringen uns zu einer anderen Szene, welche aus einem Schwarz-Weiß-Bild und wenigen Animationen bestehen, begleitet durch den Erzähler.
Visual Novel
Das Spiel ist im Grunde genommen ein visuell vorgetragenes Buch mit interaktiven Entscheidungsmöglichkeiten. Die weitere Vorgehensweise können wir selbst aussuchen und die Geschichte entwickelt sich je nach Auswahl, wird weiter vorangetrieben und kommt zum Schluss zu einem individuellen Ende. Denn wie in einem Buch, kann der Text auch nicht mehr verändert werden und die Entscheidungen bleiben. Es gibt jedoch keinen Zeitdruck und wir können uns jede Entscheidung gut überlegen. Diese Form von Videospielen ist besonders im japanischen Gaming-Kulturraum verbreitet, erfreut sich jedoch auch auf dem westlichen Markt immer größerer Beliebtheit. Im Vergleich zu ähnlichen Titeln wirkt Slay the Princess – The Pristine Cut aufgrund des minimalistischen Zeichenstils jedoch eher wie ein Comic.
Stimmen in meinem Kopf
Sich auf diese Geschichte einzulassen, der hervorragenden melancholischen Musik zu lauschen, die gut geschriebenen Texte zu lesen und besonders die beiden Synchronsprechenden machen die besondere und intensive Atmosphäre des Spiels aus. Alle Texte wurden durch nur zwei professionelle Synchronstimmen eingesprochen. Während die Prinzessin ihre eigene Stimme hat, werden wir als zweiter Protagonist durch die andere Person gesprochen, wobei der männliche Sprecher nahezu alle weiteren Rollen einnimmt. Neben dem Erzähler werden wir im Laufe der Handlung mit noch viel mehr „anderen“ Stimmen konfrontiert. Dies gehört auch zur Überraschung des Spiels dazu, welche neue Stimme plötzlich redet und ist Teil des Verwirrspiels. Man kann dies im Grunde genommen wieder mit einem Buch und unserem eigenen Leseverhalten vergleichen, wenn mehrere Personen in unserer Vorstellung eine Stimme bekommen. Zwar sind die ausgewählten Texte nicht synchronisiert, die Antworten orientieren sich jedoch an diesen. Trotz deutscher Texte sind die gesprochenen Dialoge auf Englisch.
Visueller Horror mit explizierter Gewalt
Trotz der Comic-Optik richtet sich die interaktive Geschichte deutlich an Erwachsene. Nicht nur wird man enorm überrascht, wie philosophisch, komplex und ausufernd die Texte sein können, sodass man über einen teilweise größeren Wortschatz verfügen sollte, auch die Gewalt und Erbarmungslosigkeit der Handlung sind explizit. Diese Visual Novel ist immer noch ein Horrorspiel und je nach Handlung können brutale Dinge passieren. Auch mit der minimalistischen Zeichengrafik sind die Darstellungen überraschend explizit und der Horror erhöht sich während dem eher langsamen Voranschreiten der Geschichte. Es bleibt öfters ein andauerndes mulmiges und schockiertes Gefühl, wenn wir die Folgen unserer Taten sehen und die Stimmen über das Ergebnis diskutieren. So werden die Spielenden vor Entscheidungen gestellt und mit den einhergehenden Konsequenzen konfrontiert. Das Spiel warnt auch vor diesen expliziten Momenten und wir können online eine komplette Liste mit allen Inhaltswarnungen nachlesen. Menschen in besonderen Lebensumständen sollten sich die Warninhalte anschauen und selbst entscheiden, ob sie dies spielen wollen.
Sich gemeinsam gruseln
Das Spiel bietet sich auch an, um zusammen Entscheidungen zu treffen und sich gemeinsam zu gruseln. Sei es daheim mit Freunden*innen oder in einem Stream darüber zu diskutieren und zu entscheiden, ob man die Prinzessin nun erdolchen oder freilassen möchte. Die Geschichte bietet einige Überraschungen und man kann gespannt sein, wie sie ihren finalen Verlauf nehmen wird. Ein mehrmaliges Spielen lohnt sich ebenfalls, da nicht alle Inhalte in einem einzigen Durchgang erlebt werden können. Wichtig bleibt jedoch, dieses ungewöhnliche Spiel unvoreingenommen, ohne jegliches Vorwissen und mit Zeit anzugehen.
Fazit
In dieser tiefgreifenden und interaktiven Horror-Visual-Novel müssen sich Spielende mit den eigenen Entscheidungen auseinandersetzen. Hierbei machen besonders die überraschenden Wendungen den Reiz aus. Die hervorragende Musik und die professionellen Synchronstimmen fördern die stimmungsvolle Atmosphäre und lassen uns in eine düstere Liebesgeschichte eintauchen. Eigentlich lässt niemand dieses Spiel kalt, wenn man sich auf den Stil eines interaktiven Buchs einlassen kann. Der Gewaltgrad ist hoch und detailreich. Wenn man sich in besonderen Lebensumständen befindet und auf einige Inhalte sensibel reagieren kann, sollte man sich zuvor im Internet über die Inhaltsrisiken informieren. Ansonsten weist das Spiel keinen Handlungsdruck auf und kann jederzeit unterbrochen werden.