Cover von This War of Mine
Spielbeurteilung

This War of Mine

Ein Spiel, das sehr beeindruckend und bedrückend ist und einige Ansätze zur Reflexion bietet.

Ein runtergekommenes Haus. Eine Person läuft hindurch und es werden Interaktionsmöglichkeiten angezeigt.
Ein düsteres Bild von kaputten Gebäuden.
Eine düstere Szene aus einer kaputten Stadt. Es sind keine Personen zu sehen.
4
5

Allgemeines

Vertrieb: Deep Silver
Spielewebsite: Website aufrufen
Erschienen: 14. November 2014

Jugendschutz & Altersempfehlung

USK Alterskennzeichen

USK ab 16
USK ab 16 freigegeben

Kosten:

  • Kostenpflichtige DLCs erhältlich, die das Spiel um Inhalte erweitern

Spielmodi:

  • nur alleine spielbar

Pädagogische Altersempfehlung

16
spielbar ab 16 Jahren

Spielbeschreibung

This War of Mine erzählt, wie viele Spiele zuvor, die Geschichte eines Krieges. Trotzdem unterscheidet es sich massiv von anderen Spielen mit diesem Szenario. Die Fragen lauten nicht etwa: „Mit welcher Taktik kann ich die Feinde besiegen oder überlisten?“, „Wie stoppe ich den Bösewicht und rette die Welt?“ oder gar „Welche Konsequenzen hat der Krieg für die Soldaten die ihn führen und überleben?“. Gesteuert werden drei Zivilisten, die in einer vom Bürgerkrieg gegeißelten Stadt lediglich versuchen zu überleben. So heißt es im Untertitel des Spiels: „Im Krieg ist nicht jeder Soldat“. This War of Mine thematisiert das Leid der Zivilbevölkerung im Krieg, den Hunger, die allgegenwärtige Angst vor Entdeckung und Tod, den Mangel an Allem was zum Überleben nötig ist und menschliche Abgründe in Situationen höchster Not. Ein Spiel das wenig Spaß macht? Ja! Aber eines das zum Nachdenken und zur Reflexion der eigenen Entscheidungen zwingt.

Pädagogische Beurteilung

Der Einstieg

Schon das Startmenü ist bezeichnend. Nach Einstellungen für einen Schwierigkeitsgrad sucht man vergebens. Auch die Auswahl namens „Spielstart“ gibt es nicht. Hier heißt es schlicht und einfach „Überlebe!“. Auch auf ein Tutorial, also eine irgendwie geartete Einleitung in das Spiel und seine Mechanik, wird verzichtet. Es werden jeweils die drei Protagonist*innen vorgestellt, die bei erneutem Spielstart auch wechseln können. Der Verzicht auf ein Tutorial kann als Stilmittel betrachtet werden, schließlich gibt es auch keine Einweisung für den Ernstfall im echten Leben. Trotz allem ist die Steuerung schnell erlernt. Durch einfaches Anklicken einer bestimmten Stelle in der Ruine bewegen sich die Figuren dorthin oder interagieren mit einem Gegenstand. Schon zu Beginn sind einzelne Protagonist*innen leicht krank, hungrig oder müde, sodass schnell klar wird, was zu tun ist. Gesund werden, schlafen, Nahrung finden, überleben.

Moralische Entscheidungen

Tag für Tag, Nacht für Nacht müssen schwere Entscheidungen getroffen werden, um das Überleben der drei Zivilisten zu sichern. Angefangen bei weniger moralischen Entscheidungen wie denen, wer nun die Nacht schlafen darf, wer Wache halten soll (oder sogar ob überhaupt) und wer Plündern gehen muss. Denn Baumaterial, Nahrung, Medizin, alles ist zu wenig da. Auf den Plündertouren durch die zerstörte Stadt kann allerhand und nichts geschehen. Möglicherweise hat man sich entschieden, einen der Protagonisten in ein Haus zu schicken, in dem niemand mehr lebt und in dem er in Ruhe plündern kann. Nicht jedoch ohne auf Nachrichten der – nicht mehr lebenden? – ehemaligen Bewohner zu stoßen. Möglicherweise begegnet er aber auch anderen Plünderern, die zu schießen drohen, sollte man den Ort nicht verlassen oder einem alten Ehepaar mit einer kranken Frau. In diesen und anderen Situationen muss stets abgewogen werden, ob man riskieren möchte auf der Suche nach den zum eigenen Überleben benötigten Waren erschossen zu werden oder anderen unschuldigen Zivilisten zu schaden und sie ggf. dem Tode zu weihen. Jede Entscheidung in This War of Mine hat Konsequenzen. Schadet man anderen, schlägt dies nicht nur auf die Laune der Spielfiguren, sondern auch auf die der Spieler*innen. Verzichtet man darauf, stirbt möglicherweise ein Kamerad an Hunger oder seiner Verletzung. Riskiert man zu viel, stirbt möglicherweise ein Protagonist bei der Plünderung. Hilft man anderen Menschen in der Stadt indem man ihnen selbst Dinge überlässt, die man möglicherweise noch bitter vermissen wird? Vielleicht kann man auf Gegenhilfe hoffen? Spielende finden sich in einem einzigen, andauernden Dilemma wieder. Verstärkt wird das Ganze durch die nicht vorhandene Möglichkeit, einen alten Spielstand zu laden. Es heißt mit den Folgen leben oder erneut beginnen.

Spielspaß

This War of Mine macht tatsächlich wenig Spaß, insofern man bei einer solch hart dargebotenen Thematik überhaupt von „Spaß“ sprechen kann. Es ist frustrierend. Ständig. Nie ist klar, worauf man sich konzentrieren soll, was man mit dem wenigen Material, das einem zur Verfügung steht als nächstes anfangen soll. Waffen herstellen, um sich zu schützen? Einen Ofen für die kälteren Tage? Einen Herd, um Essen zu kochen? Lieber ein Bett oder doch das Holz verwenden, um sich zu verbarrikadieren und so einen höheren Schutz vor anderen Plünderern zu haben? Selbst wenn Spieler*innen einmal in die Lage kommen sollten, das Gefühl zu haben, ausreichend Nahrung, Medikamente und Material zu haben, kann dies am folgenden Tag schon wieder vorbei sein. Denn nicht nur man selbst plündert an anderen Orten. Die Protagonisten können verhungern, an Verletzungen sterben, an Krankheiten oder sich gar bei einer anhaltenden Depression selbst das Leben nehmen. Weniger Figuren bedeuten zwar ein paar hungrige Mägen weniger zu stopfen, allerdings auch wesentlich mehr Last für die anderen – eine irgendwann ausweglose Situation. Jede falsche Entscheidung kann das Spiel sehr schnell beenden. Im Falle von moralischen Entscheidungen die zu treffen sind bleibt den Spielenden zwar immer die Möglichkeit sich selbst zu sagen, es handelt sich bei dem ganzen zum Glück nur um ein Spiel. Aber sie werden durch die Aussagen und Launen der Spielfiguren immer wieder an seine Entscheidungen erinnert. This War of Mine schafft es tatsächlich, dass man sich wegen seiner eigenen Entscheidungen im Spiel schlecht fühlt. Oder sich gut fühlt für seine moralischen Entscheidungen, während man den Protagonisten dafür eventuell beim Sterben zuschauen muss.

Sinn des Ganzen

Macht This War of Mine Spaß? Wie gesagt, eher nicht. Warum sollte man es dann spielen? Weil es beeindruckt. Das Spiel zeigt den Krieg aus einer Perspektive, wie man ihn aus anderen Spielen nicht kennt. Es lässt die Verzweiflung und Angst nacherleben, die Menschen treffen müssen, denen es tatsächlich ähnlich geht. Nicht als kurze Nachrichtenmeldung, sondern als interaktive Geschichte. Es kann helfen, die Bedeutung eines (Bürger-)Krieges für die Zivilbevölkerung verständlicher zu machen. Es bietet vielerlei Möglichkeiten die erlebten Spielinhalte zu reflektieren. Dies kann jeder für sich selbst tun – denn häufig genug wird man mit den Konsequenzen seiner Entscheidungen konfrontiert – oder aber auch innerhalb einer Diskussion über die Spielinhalte, die eigenen Entscheidungen und die Thematik des Überlebenskampfes im Krieg. This War of Mine macht allerdings nur wenig Sinn, wenn man nach geschichtlichen Fakten sucht. Diese liefert das Spiel nicht. Aber es liefert eine Menge Gesprächsansätze zu Fragen wie z.B. den eigenen Gefühlen während des Spielens, die Gründe für die Entscheidungen, die getroffen wurden, die Grenzen von Moral und Ethik im Falle einer lebensbedrohlichen Situation oder den Konsequenzen eines Krieges für die Zivilbevölkerung.

Fazit

This War of Mine macht keinen Spaß. Es frustriert. Es lässt die Spielenden sich schlecht fühlen. Es beeindruckt. Es macht nachdenklich. Spieler*innen werden in eine beinahe aussichtslos erscheinende, schreckliche Situation versetzt. Ziel ist es, diese so gut es irgendwie geht zu meistern. Besteht kein Interesse an der Thematik wird der Titel es vermutlich nicht schaffen, Spielende dazu zu verleiten, es länger zu spielen. Ist jedoch ein Wille da, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen und auch negative Gefühle beim Spiel in Kauf zu nehmen, dann bietet das Spiel einige Reflexionsansätze. Somit hat This War of Mine auch durchaus Potential, im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung mit den Themen Krieg und Ethik, Eindrücke und Ansätze für Reflexion zu bieten. Zwar wird die Situation im Spiel erst auf längere Spieldauer hin immer komplizierter, moralische Dilemmata wie z.B. das Ausrauben eines wehrlosen alten Ehepaares lassen sich allerdings schon früh im Spiel erleben. Auf Grund der harten und bedrückenden Spielsituation und der zu treffenden Entscheidungen eignet sich This War of Mine für Jugendliche ab 16 Jahren.