Das Cover von Frostpunk für die PS4.
Spielbeurteilung

Frostpunk

Anspruchsvoller Aufbaustrategie-Survival-Mix mit moralischen Entscheidungen.

Ein schneebedecktes Dorf in einem tiefen Krater.
Ein Menübeispiel welches das Propagandazentrum zeigt.
Eine schneebedeckte Landschaft mit verschiedenen Hinweisen vom Spiel.
Eine Gruppe von hungrig aussehenden Leuten steht zusammen. Es werden Auswahlmöglichkeiten gegeben, welche Handlungen unternommen werden können.
4
5

Allgemeines

Vertrieb: 11 bit studios
Spielewebsite: Website aufrufen
Erschienen: 24. April 2018

Jugendschutz & Altersempfehlung

USK Alterskennzeichen

USK ab 16
USK ab 16 freigegeben

Kosten:

  • Kostenpflichtige DLCs erhältlich, die das Spiel um Inhalte erweitern

Spielmodi:

  • nur alleine spielbar

Pädagogische Altersempfehlung

16
spielbar ab 16 Jahren

Spielbeschreibung

In Frostpunk stellen sich Spielende dem endlosen Winter. Sie versuchen als Anführer*in einer Expedition die letzte Stadt auf Erden und damit eine sichere Zuflucht zu errichten. Strategietypisch werden, rund um einen riesigen, verlassenen Stromgenerator, Gebäude errichtet, welche unterschiedliche Funktionen haben. So gibt es Unterkünfte für die Stadtbewohner*innen, Jägerhütten und Speisehaus zur Nahrungsversorgung, Feldlazarett für die Kranken sowie zwei bis drei weitere Gebäude. Einen personifizierten Gegner gibt es nicht. Die Versorgung mit Rohstoffen, die immer knapp sind, sowie das Klima mit Temperaturen von Minus 20 Grad fordern den Spielenden immer wieder strategisches Vorgehen und zeitliches Vorausplanen ab. Hinzu kommen Forderungen und Wünsche aus der Stadtbevölkerungen, deren Hoffnungen und Unzufriedenheiten über das Überleben entscheiden. Spätestens an diesem Punkt, welcher gerade erst die Spitze des Eisbergs darstellt, wird es richtig knifflig.

Pädagogische Beurteilung

Entscheidungen, Entscheidungen

Das Ziel hinter jeder Entscheidung, ja hinter jeder einzelnen Handlung der Spielenden, ist es zu überleben. Neben der Tatsache, dass das Szenario sich alle Mühe gibt, uns das möglichst schwer zu machen, steckt hinter praktisch jeder Handlung auch eine moralische Frage, nämlich zu welchem Preis wir entscheiden. Lassen wir einige Menschen bis in die Nacht hinein in Eiseskälte Kohle schürfen, damit die wärmespendenden Generatoren und Heizungen den Betrieb aufrechterhalten können? Versorgen wir alle Erkrankten in zusätzlichen Lazarettbetten, welche dann langfristig belegt sind oder greifen wir zu rabiaten Behandlungsmethoden, die neben der Hoffnung auf Heilung auch erhebliche Risiken für die Erkrankten beinhalten? Solche planungstechnischen Fragen beim Aufbau der Stadt mit den knappen Ressourcen bilden nur die erste Ebene der schwierigen Entscheidungen, vor welche die Spielenden gestellt werden.

Von Hoffnung, Unzufriedenheit und Gesetzen

Die Menschen in unserer kleinen Stadt leben ein hartes Leben, aber sie leben. Es kommen jedoch immer wieder Wünsche und Forderungen auf, sobald Missstände für die Masse zu belastend werden. Einige dieser Anliegen werden gelöst, indem der Forderung nach beispielsweise mehr oder besseren Unterkünften nachgekommen wird und diese errichtet werden. Bei Erfolg steigt die Hoffnung und die Unzufriedenheit sinkt. Klappt es nicht, verlieren die Menschen ihre Hoffnung und werden immer unzufriedener. Gleiches passiert, wenn Bitten ignoriert werden. Spielende bekommen allerdings auch einen Mittelweg angeboten, bei dem sie zusagen, zumindest einen Teil der Forderung zu erfüllen. Dies bringt zwar nicht so viel Zufriedenheit und Hoffnung wie das Erfüllen der gesamten Forderung, kann aber je nach Situation die sinnvollere Lösung sein.
Ein weiterer Aspekt sind Gesetze, die die Spielenden erlassen können. Sollen schwer Erkrankte lieber behelfsmäßig notoperiert werden, was vielleicht zu Amputationen oder dem Tod führen kann, oder sollen sie lieber gepflegt werden bis ein Krankenhaus errichtet wurde, wodurch im Lazarett aber dauerhaft Betten belegt sind? Sollen Kinder auch arbeiten, wodurch mehr Arbeitskraft zur Verfügung steht, die Kinder aber auch verletzt werden können? Oder sollen sie sicher betreut werden, wodurch die Eltern und die Gesellschaft zwar zufriedener und hoffnungsvoller sind, aber nicht nur Arbeitskräfte fehlen, sondern für die Betreuung auch noch zusätzliche Kräfte benötigt werden? Auch die zuvor beschriebene Nachtschicht ist ein Gesetz, was verabschiedet werden kann. Fragen über Fragen, Entscheidungen über Entscheidungen. Einmal verabschiedete Gesetze können nicht mehr rückgängig gemacht werden. Dadurch erhalten diese noch einmal zusätzliches Gewicht. Schnell passiert es, dass man sich die Frage stellt, ob ein erlassenes Gesetz wirklich gut für die Menschen war über die wir wachen.

Wenn Empathie auf Spielerfolg trifft

Wie bei jedem anderen Titel geht es natürlich auch hier darum, das Ziel zu erreichen, also zu überleben. Tatsächlich fühlt es sich sogar einfacher an, wenn die Entscheidungen immer nur strikt danach getroffen werden, was gerade am besten für die beiden Werte Hoffnung und Unzufriedenheit ist. Doch das Spiel schafft es, dass diese teilweise rabiaten Wege, die für den Erfolg eingeschlagen werden, schnell hinterfragt werden. Kann es nicht auch anders gehen, hätte es keine bessere Lösung dafür geben können? Das Spiel schafft es also, eine empathische Verbindung zwischen den Spielenden in der Funktion als Anführer*in und der Bevölkerung, für die die Entscheidungen getroffen werden, zu schaffen. Dadurch kann sich das angestrebte Ziel dahingehend verändern, dass der Wunsch entsteht, Entscheidungen so zu treffen, dass sich die Spielenden mit ihren Entscheidungen moralisch verantwortungsvoll gegenüber ihren Schützlingen fühlen können. Dies kann die Spielerfahrung verändern und das eigene virtuelle Handeln, und darüber hinaus auch das Handeln in anderen Spielen, bewusster machen.

Fazit

Mit Frostpunk wird ein gelungener Mix aus Endzeit-Strategie und Survival geboten, welcher durch moralisch schwierige Entscheidungen zusätzlich einen hohen Selbstreflexionswert aufweist. Immer wieder werden die Spielenden vor schwerwiegende Entscheidungen für die Bevölkerung gestellt und dazu angehalten, direkt oder im Nachhinein zu überlegen, wie gehandelt werden muss und wie man selber handeln möchte, um das Überleben der Menschen zu sichern. Schnell kann der moralische Kompass zugunsten des Erfolges ausgeschaltet werden, was in diesem Fall jedoch geschickt umgangen wird. Die stimmig bedrückende Atmosphäre sowie die stetige Herausforderung, moralische Entscheidungen treffen zu müssen, welche für die Bevölkerung der Stadt direkte Auswirkungen und Konsequenzen haben, führen dazu, sich des eigenen Handelns bewusst zu werden und die eigenen Entscheidungen zu hinterfragen. Dafür wird allerdings die Bereitschaft verlangt, sich auch mit solch moralischen Themen auseinanderzusetzen. Hinzu kommt das durchaus komplexe Spielsystem, welches die meisten Erläuterungen in Schriftform anbietet. Dies macht Frostpunk interessant für Jugendliche ab 16 Jahren, welche sich spielerisch mit einem ernsten Setting auseinandersetzen möchten, das moralisch relevante Themen mit strategisch vorrausschauenden Handeln verbindet.