Packshot von Heavy Rain: Eine Origami-Figur steht auf dem Boden. Eine Ecke des Papiers ist blutig.
Spielbeurteilung

Heavy Rain

Extrem spannendes, aber auch beklemmend düsteres Videospielfilm-Abenteuer.

Ein Mann schaut sich in einem düsteren Raum um. An der Wand hinter ihm sind zahlreiche Kreuze aufgehängt.
Ein Mann kriecht durch einen dunklen Tunnel und hält ein brennendes Streichholz in der Hand.
Nahaufnahme eines Mannes Mannes im Anzug. Er unterhält sich mit einem anderen Mann.
Konfrontation zwischen zwei Männern. Ein Mann im Anzug steht mit verschränkten Armen einem muskulösen und tätowierten Mann im Unterhemd gegenüber.
4
5

Allgemeines

Vertrieb: Quantic Dream
Spielewebsite: Website aufrufen
Erschienen: 23. Februar 2010
Genres:

Jugendschutz & Altersempfehlung

USK Alterskennzeichen

USK ab 16
USK ab 16 freigegeben

Spielmodi:

  • nur alleine spielbar

Pädagogische Altersempfehlung

16
spielbar ab 16 Jahren

Spielbeschreibung

Aus dem Film Forrest Gump (1994) wissen wir, dass es unterschiedliche Regenarten gibt: „Regen mit kleinen prasselnden Tropfen, Regen mit schönen dicken Tropfen, Regen der von der Seite kommt und Regen der von unten zu kommen scheint“. In dem von Spielenden lang ersehnten Abenteuer Heavy Rain spielt der erwähnte Regen mit den schönen dicken Tropfen eine tragende, leider aber auch eine unheilvolle und bedeutungsschwangere Rolle. Der (schwere) Regen dient in dem Spiel als Symbol für die schwere Last der Schuld, die auf einen Menschen liegen kann. Verursacht wurde diese unerträgliche Schuld, durch den Verlust des eigenen Kindes. Die schweren Tropfen prasseln nur so auf Nathan Mars, einen ehemaligen Architekten, nieder. Doch statt einer rituellen Reinigung seiner schweren Seele, erinnert der Regen Nathan Tropfen für Tropfen an seine Mitschuld am Tod seines Sohnes Jason, an seine anschließend in die Brüche gegangene Ehe, das Ende seiner Karriere als Architekt, an das Herausreißen seines, aus einem Hochglanzprospekt stammenden, Vorzeigelebens mit schöner Frau, tollem Haus und zwei wundervollen Söhnen. Fast fühlt man sich an die Geschichte in der Bibel erinnert, als der fromme Hiob von Gott und Satan gleichermaßen schwer geprüft wird. Und wenn nichts schlimmeres einem Menschen widerfahren könnte, spielt das Schicksal ein weiteres bitterböses Spiel mit Nathan Mars. Der zweite Sohn Sean wird Opfer eines Serienmörders, der Kinder entführt und sie durch den anhaltenden schweren Regen in einer Grube ertränkt. Der sogenannte Origami-Killer scheint allerdings ebenfalls die Bibel gelesen zu haben und versucht Hiobs Geschichte zu übertreffen. Er nimmt Kontakt zu Nathan Mars auf und verlangt von ihm fünf perfide Prüfungen zu absolvieren, die einen Hinweis auf das Versteck seines Sohnes geben sollen. Fast scheint es so, dass der Origami-Killer eine griechische Tragödie in fünf Akten aufführt und darin eine Art psychologisches Experiment betreibt, das die Frage beantwortet haben will: „Wieweit würdest Du gehen, um das Leben eines geliebten Menschen zu retten?“

Pädagogische Beurteilung

Die Zukunft des Videospiels

Für David Cage vom Entwickler*innenteam Quantic Dream haben sich Videospiele alles andere als weiterentwickelt. Sicherlich sehen die Spiele inzwischen sehr realistisch aus, aber das war es dann auch. Interessante Geschichten mit spannenden Wendungen und tiefgründigen Charakterzeichnungen sind leider Mangelware. Cage vergleicht die Geschichten in Videospielen mit den hanebüchenen Geschichten in Pornofilmen, also beliebig, austauschbar, primitiv ja sogar überflüssig und fordert die Industrie auf, mehr Anstrengung in die kreative Geschichten- und Charakterentwicklung zu stecken. Wenn das Medium Videospiel endlich ernst genommen werden soll, so Cage, dann muss es sich inhaltlich dem Kulturmedium Film annähern und verstärkt emotionale Schlüsselelemente wie Angst, Freude, Eifersucht, Mitgefühl etc. in die Geschichten verweben. Es sind nun etwas über acht Monate vergangen, nach dem David Cage auf der gamescom in Köln in seinem Vortrag einen Paradigmenwechsel bei Videospielen gefordert hatte. Das Spiel Heavy Rain, soll nun das perfektionieren, was die Entwickler von Quantic Dream vor fünf Jahren mit dem Spiel Fahrenheit begonnen haben: filmisches Erzählen in eine Videospielhandlung einzubauen. Inzwischen ist auch das von vielen langersehnte Spiel Heavy Rain des französischen Entwickler*innenstudios auf dem Markt und wir können beurteilen, ob Cage seine Ideen verwirklichen konnte und welche Rolle sie für eine pädagogische Betrachtung haben. Aber zunächst ist ein kleiner Ausflug in die Symbiose von Videospielen und Spielfilmen für ein besseres Grundverständnis notwendig.

Filme und Bildschirmspiele

Bildschirmspiele werden am ehesten mit Filmen verglichen, das liegt nahe. Sie sind ein audiovisuelles Medium ergänzt um die Möglichkeit der Interaktivität. So haben sich Bildschirmspiele oft an filmischen Vorbildern orientiert. Die Resident Evil-Reihe 1996 war eine Huldigung, nicht nur an Horror- oder Zombiefilme, sondern versuchte mit Zwischensequenzen die Handlung filmisch-narrativ zu erzählen. Zudem verwendete die Reihe sehr gekonnt dramaturgische Mittel wie Licht, Musik und unterschiedliche Einstellungsgrößen, also Kamerablickwinkel, um die Zuschauenden mit in das Geschehen zu integrieren. Sogenannte Stealth-Action-Adventure wie die Metal Gear Solid-Reihe 1998, in denen es darum geht, unbemerkt Gebäude zu infiltrieren und geräuschlos Gegner*innen auszuschalten, sind gespielte Agentenfilme. Lara Crofts Abenteuer 1996 orientierten sich an Abenteuerfilme wie die großartigen drei Indiana Jones Filme. First-Person-Shooter sind die Personifizierung von Action-Filmen, leider aber auch oft narrativ genauso plump umgesetzt, bis 1998 das Spiel Half-Life endlich die Action mit einer spannenden Geschichte versah und zudem die Handlung in das Spiel selbst integrierte und eben nicht Zwischensequenzen verwendete. Auch der hier besprochene Titel Heavy Rain hat einen Filmhintergrund, genauer betrachtet sind es eigentlich mehrere. Die augenfälligste Anleihe ist der Serienmörderfilm wie bspw. David Finchers genialer Sieben aus dem Jahre 1995 und das liegt nicht nur am Wetter. In beiden Titeln regnet es fast ununterbrochen, was die eh schon düstere Geschichte mit noch mehr Verzweiflung untermalt. Beide haben auch einen, nach einem bestimmten Ritual vorgehenden, Serienmörder gemein, der den Ermittler*innen stets einen Schritt voraus zu sein scheint. Aus der Horror Reihe SAW (2004) kennen wir zudem, dass der Mörder ein, die Menschlichkeit in Frage stellendes, Spiel mit den Opfern treibt und sie vor Extremsituationen stellt, wie auch im Spiel selbst. Übrigens sind die SAW Anleihen nicht auf den Gewaltgrad des Titels bezogen, können für sensible Menschen aber trotzdem verstörend wirken, aber dazu später mehr.

Die „dunkle“ Seite des Spiels

Als weiteres filmisches Element verwendet Heavy Rain sehr gekonnt Anleihen aus dem Genre des Film Noir. Das sind zumeist in schwarz-weiß gedrehte Kriminal-Filme, die düster sind und eine melancholisch-pessimistische Atmosphäre verströmen. Die Figuren, ganz gleich welches Geschlecht oder welchen Beruf sie haben, sind zwielichtig, haben eine undurchsichtige Vergangenheit und geraten meistens in moralische Dilemmata. Und selten enden die Filme mit einem Happy End. Die ersten Film Noir-Titel wurden übrigens vom deutschen Expressionismus beeinflusst, deren Ästhetik durch die vielen, wegen den Nazis in die USA ausgewanderten deutschen Regisseuren wie Fritz Lang, Otto Preminger und Billy Wilder nach Hollywood gebracht wurden. Der 1931 gedrehte Klassiker M-Eine Stadt sucht einen Mörder von Fritz Lang, in dem es ebenfalls um Kindesmord geht, gilt nicht nur als einer der ersten Film Noir-Titel, sondern dient dem Spiel Heavy Rain ebenso als geistiges Vorbild. So kann Heavy Rain definitiv als Spiel Noir bezeichnet werden. Die im Krimi-Serienmörder-Milieu angesiedelte düstere Handlung, die undurchsichtigen Charakterstudien der Protagonist*innen, der Kampf gegen einen Gegenspieler mit einer grenzüberschreitenden Bösartigkeit und selbstverständlich das technisch-kreative Gesamtensemble aus Kamera, Ausstattung und Musik. Trotz der genialen Vermischung von Film und Spiel ist Heavy Rain ein waschechtes Adventure Spiel, in dem der oder die Spieler*in Aufgaben lösen, sich mit anderen Charakteren unterhalten und aus einer Reihe vorgefertigter Dialogmuster aussuchen muss. So wird auch die Handlung, die für ein Videospiel eine komplexe Geschichte besitzt, weitererzählt. Bei Heavy Rain können die Spielenden nämlich vier unterschiedliche Charaktere steuern und damit vier unterschiedliche Erzählebenen betrachten, was für die Verfolgung der Handlungsstränge eine große Aufmerksamkeit und schon eine grundlegende Erfahrung mit Videospielen und Filmen erfordert. Daher ist das Spiel nur bedingt für Videospielneulinge zu empfehlen. Neben Nathan Mars, dem Vater des entführten Kindes, gesellen sich als spielbare Figuren noch der im Fall der Kindesmorde ermittelnde FBI-Profiler Norman Jayden, der ehemalige Polizist und Detektiv Scott Shelby, der ebenfalls nach dem Mörder sucht und die anfangs undurchsichtige Madison Page hinzu.

Das Auge der Spielenden

Gesteuert wird das Spiel aus der Perspektive der 3. Person. Jedoch anders als in vielen Action-Adventures sieht man die Protagonist*innen nicht von hinten, sondern eher oft so, als ob die Spielenden selber die Kamera halten und den Bewegungen des gespielten Charakters folgen. Es gibt sogar panik-verströmende Sequenzen, bei dem die Kamera förmlich an der Spielfigur befestigt ist und durch die Körperbewegung hin und her wackelt. Das schwere Atmen des Charakters verstärkt diesen Eindruck und erzeugt eine unbehagliche Nähe. Der Einsatz unterschiedlicher Einstellungsgrößen sowie der Split-Screen-Technik, wo mehrere Einstellungen zeitgleich zu sehen sind, unterstreicht den filmischen Aspekt des Spiels. In einigen Situationen haben die Entwickler*innen sogar die sogenannte voyeuristische Kameraperspektive eingebaut. Dazu wird die Perspektive so gewählt, dass der Eindruck entsteht, die Zuschauenden beobachten die Situation still und genussvoll aus einem gefahrlosen Versteck heraus. Kongenial wurde die voyeuristische Perspektive übrigens von Michael Haneke 1996 in seinem nur schwer zu ertragenden Film Funny Games umgesetzt. Als Klassiker schlechthin für diese Technik gilt selbstverständlich Alfred Hitchcocks Das Fenster zum Hof (1954).

Entscheidungen für oder gegen die eigene Moral?

Alle bisher genannten Elemente zusammengenommen, schaffen durch eine besondere Involviertheit etwas, was nur den wenigstens Spielen vergönnt ist. Die Spielenden werden durch die filmische Inszenierung, durch die zutiefst emotionale Handlung und die tiefgründigen Charaktere in das Spiel förmlich eingesogen, was für einen hohen Grad der Identifizierung mit den Protagonist*innen sorgt, die zwar ihre Schwächen und dunklen Seiten haben, die wir ihnen aber nachsehen, weil alle einem hehren Ziel folgen: einen grausamen Serienmörder zu stellen und das Leben des Jungen zu retten, koste es was es wolle. Dadurch offenbart sich den Spielenden allerdings auch eine moralisch-ethische Dimension. Wie schon erwähnt spielt der Origami-Killer ein grausames Spiel mit dem Vater des Jungen, und damit auch mit den Spielenden. Wir müssen schwerwiegende Entscheidungen treffen, die sogar oft über Leben und Tod bestimmen. Nicht nur stellen die Entwickler*innen den Spielenden also moralische Dilemmata in den Weg, sondern die Entscheidung oder auch Nichtentscheidung beeinflusst den weiteren Fortgang und Ausgang der Geschichte und sorgt für eine besondere Spielrezeption. Ich möchte und kann an dieser Stelle nicht zu viel erzählen, ohne wichtige Handlungsaspekte vorweg zu nehmen. Nur so viel dazu, dass dieses moralische Dilemma auf den Spielenden selbst übertragen wird und man regelrecht mit dem digitalen Alter Ego mitfühlt und mitleidet. Das Spiel wurde von der USK ab 16 freigegeben, was der dargestellten Gewalt entspricht. Aber diese intensive Involviertheit ins Spiel, das emotionale Thema der Kindesentführung, die abgrundtief düstere Atmosphäre und dass viele Gewaltaspekte nur angedeutet und im Kopf des oder der Betrachtenden weitergedacht werden, sind Elemente, die nur emotional gefestigte Menschen verarbeiten sollten, ob sie nun 16, 26 oder 36 Jahre alt sind, spielt weniger eine Rolle.

Die Steuerung der vier Anti-Helden

Bei der Steuerung haben sich die Entwickler*innen etwas Besonderes einfallen lassen, aber leider nicht nur zum Guten. Zunächst wird der Prolog des Spiels als Tutorial verwendet und führt die Spielenden in das doch recht komplexe Steuerungsschema ein. Die Figur geht, indem man die R2 Taste gedrückt hält und mit dem linken Analog-Stick steuern die Spielenden die Gehrichtung, was ungewohnt ist und anfänglich doch etwas stört. Außerdem bereitet die Kamera an einigen Stellen bei der Steuerung des Charakters Probleme. Die Kamera begleitet nicht immer die Spielfigur und wechselt die Kameraperspektive, wenn ein neuer Raum betreten wird. Da aber die Spielenden die Gehrichtung aus dem vorangegangen Raum mit in den neuen Raum übernehmen, versucht man instinktiv seine Gehrichtung der neuen Perspektive anzupassen, was manchmal dazu führt, dass die Figur in die falsche Richtung gesteuert wird. Besonders in engen Räumen kann dies sehr stören.

Bei allen anderen Aktionen haben die Entwickler*innen versucht, den rechten Analog-Stick des PlayStation Controllers auf natürliche Körperbewegungen zu übertragen. Bspw. um etwas hochzuheben drückt der oder die Spieler*in den rechten Analog-Stick hoch, um etwas abzulegen oder aufzuheben wird der rechte Stick runter gedrückt. Bewegungen, die Kraft erfordern, müssen mit einer schnellen Stickbewegung ausgeführt werden. Oder das Gegenteil ist der Fall, wenn der Stick sachte bewegt werden muss. Manchmal müssen auch Schlüssel oder Schalter gedreht werden, das erledigen die Spielenden mit einer 180 Grad Drehung des rechten Sticks. Ebenso haben die Entwickler*innen das Neigungssystem des PlayStation 3 Controllers eingebaut. Je nach Situation muss daher das Pad in die angezeigte Richtung bewegt werden.

Die geforderten Aktionen sind kontextsensitiv, das bedeutet, wenn die Spielenden an einem Schrank oder Schalter vorbeigehen, erscheint das entsprechende Symbol. Leider erscheint manchmal das Tasten-Symbol recht spät. Bevor der oder die Spieler*in reagieren kann, verschwindet das Symbol auch schon wieder. Da die Steuerung nicht 100 % analog ist, reagiert die Figur nicht unmittelbar auf eine Richtungsänderung und macht noch einen überflüssigen und störenden Schritt zu viel in die falsche Richtung. Schön gelöst wurde hingegen, dass das Gedankenleben der Protagonist*innen mit der L2 Taste aufgerufen und aktiviert werden kann und so den Spielenden nützliche Hinweise liefert. Die Dialogauswahl wird ebenso wie die Gedankenauswahl, mit den Aktionstasten getätigt, die je nach Spielsituation mal besser mal schwerer zu erkennen sind. Ziel dieser Technik ist es, den gesehenen Stress auf den oder die Spieler*in selber zu übertragen.

Komplexere Aktionen werden ausgelöst, in dem die angezeigten Tasten-Symbole nicht nur in der richtigen Reihenfolge gedrückt werden müssen, sondern es ist außerdem oft erforderlich, dass eine Taste erst losgelassen wird, wenn erst die aktuelle Taste aktiviert wurde (dabei müssen mindestens zwei Tasten immer gedrückt bleiben). Bei den Kämpfen haben die Entwickler*innen sogenannte Quick-Time-Events eingebaut. Dazu erscheinen die geforderten Tasten auf dem Bildschirm und müssen so schnell oder akkurat wie möglich nachgedrückt werden. Weitere Handlungsmöglichkeiten bieten sich den Spielenden hier allerdings nicht. Was sich hier relativ einfach anhört, gestaltet sich im Spiel nicht ganz so einfach. Zum einen sieht man die erscheinende Taste nicht immer auf Anhieb, zum anderen erfolgen die Aktionen immer unter einer großen Anspannung, da ein Versagen an manchen Stellen den weiteren Fortgang der Geschichte beeinflusst. Durch diesen Aspekt ist der oder die Spieler*in besonders gefordert.

Videospielerfahrene werden aber nicht vor unlösbaren Aufgaben gestellt. Anfänger*innen werden allerdings ohne das blinde Wissen des Tastenlayouts Probleme haben und sind gut beraten die normale oder leichte Schwierigkeitsstufe auszusuchen, wo die Anzahl und Frequenz der zu drückenden Tasten geringer ausfällt. Aber im Grunde genommen ist es auch nicht Schlimm. Der Ausgang der Serienmörderjagd orientiert sich an den Fähigkeiten der Spielenden und kann in einem von 18 möglichen Enden münden. Heavy Rain kann mit einem hollywoodreifen Happy End oder diametral mit einem bitterbösen Ende abgeschlossen werden. Es ist also möglich das Spiel zu verlieren, und das ist höchst selten in einem Videospiel.

Das unheimliche Tal

Noch abschließend einige Anmerkungen zur Darstellung digitaler Figuren in dem Spiel. Der Ausdruck menschlicher Emotionen ist ein Konglomerat aus gesprochener Sprache, der Mimik, Gestik und natürlich aus dem menschlichen Handeln. Diese in Videospielen oder auch in Filmen umzusetzen ist alles andere als einfach und ist schon oft gescheitert. Obwohl inzwischen die technischen Möglichkeiten enorm sind, hapert es immer wieder bei dem Versuch, Menschen so realistisch wie möglich abzubilden. Denn je genauer man Menschen abbildet, desto mehr stören wir uns an unscheinbaren Winzigkeiten, wie eine etwas andere Augen- oder Lippenbewegung, Körperhaltung, Kleidung etc., die aber eine immense negative Wirkung haben. Dieses Phänomen wird als Uncanny Valley-Effekt bezeichnet, auf Deutsch „ein unheimliches Tal“, dass die Akzeptanz von digitalen Figuren einschränkt. Bei Heavy Rain wurden die Charaktere zwar extrem aufwendig modelliert, wie an den Ladesequenzen zu erkennen ist. Doch trotzdem hat man selten das Gefühl, dass die Figuren optisch menschlich sind. Während das Gesicht mit Haut, Poren, Haaren, Augen, Mimik sehr akkurat gestaltet wurde, haben die Entwickler*innen leider auf die Körperbewegung der Protagonist*innen weniger wert gelegt. Die sind etwas stelzenhaft ausgefallen und stören das ansonsten stimmige Gesamtbild. Was man aber dem Spiel hoch anrechnen muss ist, dass die emotionale Nähe zu den Figuren nicht aus ihrer grafischen Darstellung, sondern aus der beklemmenden Atmosphäre, der spannenden Handlung und den vielseitigen Dialogen erzeugt wird, die die Spielenden mitfiebern, miträtseln und teilweise sogar mit den digitalen Figuren mitleiden lassen. Untermalt wird das Ganze von einem tieftraurigen Soundtrack, der das Stimmungsbild des Spiels und vor allem das des Hauptprotagonisten Nathan Mars, den Klang seiner schweren Tränen, eindrucksvoll einfängt.

Fazit

Heavy Rain ist ein besonderes Spiel, das jede*r ernsthafte Videospieler*in spielen sollte. Das Genre und die schwerverdauliche Handlung sind allerdings vermutlich nicht die Sache aller Spielenden. Auch bei der Steuerung des Spiels werden sich die Geister scheiden. Im richtigen Moment eine bis mehrere Tasten zu drücken dürfte für viele Spielenden einfach zu wenig oder je nach Erfahrung zu viel sein. Wer sich aber auf das Spiel einlässt, bekommt die bisher beste Symbiose aus Film und Videospiel geboten, die eine ungemein spannende Geschichte um Schuld, Sühne und um die Abgründe der menschlichen Existenz liefert.