If Found…
Bewegende Transgender-Story.
Allgemeines
Jugendschutz & Altersempfehlung
Spielmodi:
- nur alleine spielbar
Pädagogische Altersempfehlung
Ernste und bewegende Themen zu Identität und Sexualität.
Spielbeschreibung
Mit If Found… erhalten wir einen intimen und emotionalen Einblick in das Tagebuch von Kasio, einer Trans-Frau, im Irland Ende der 90iger Jahre. Das Tagebuch ist ein Rückblick auf die Menschen, mit denen sie verbunden ist, und ihre Konflikte. Es beschreibt sehr persönlich Kasios Hoffnungen und Niederlagen.
Pädagogische Beurteilung
Interaktive Geschichte oder Spiel?
Die Frage ist relativ schnell beantwortet. Wenn Games mit Regeln und Spielmechaniken umschrieben werden, passt If Found... nicht so ganz in das Bild. Wenn Games auch als Geschichten bezeichnet werden und auch hier Regeln und Spielmechaniken zählen, dann kann hier eine ganze Menge geliefert werden. Um in der Geschichte voranzukommen, müssen mit der Maus, die auf dem Bildschirm einen Radiergummi darstellt, die Texte und Bilder aus dem Tagebuch ausradiert werden. Nur so zeigt sich das nächste Textfragment, das nächste Bild. Dazu braucht es jedoch kein Geschick oder andere Fähigkeiten. Wenn einmal verstanden wurde, wo radiert oder welche Fläche auf dem Bildschirm angeklickt werden muss, war es das auch schon. Bei If Found… wird auch gar nicht erst versucht, so zu tun, als handle es sich um ein Computerspiel. Was ist es dann?
Das Tagebuch
Das Tagebuch eines anderen Menschen zu lesen ist wahrscheinlich immer ein ganz besonderer Augenblick und zu Recht auch ein Tabu. Wir starten am 3. Dezember mit den Eintragungen und löschen mit dem Radiergummi die letzten 28 Tage der Aufzeichnungen Kasios. Was wir einmal gelöscht haben, taucht auch nicht wieder auf. Zu Beginn der Erzählung waren wir mit dem Radiergummi etwas zu schnell und löschten so versehentlich Einträge. Wir können im Nachhinein nicht sagen, ob es wichtige Informationen waren. Kasio hat alle Einträge mit Zeichnungen versehen, manche Texte sind wütend durchgestrichen und wir können sie wieder sichtbar machen. Hinter den Figuren und Zeichnungen tauchen immer wieder überraschende neue Geschichten auf. Die Seiten des Tagebuchs spiegeln oft die Verfassung Kasios wieder und wir verlieren uns immer wieder in spannenden kleine Erzählungen. Komischerweise wird dabei nicht das Gefühl vermittelt, mit dem Lesen des Tagebuchs eine Grenze überschritten zu haben, sondern seine Besitzerin lässt uns den Raum, an der Geschichte teilzuhaben, als wolle sie uns etwas mitteilen.
Aber warum löschen wir einen Teil aus einem Leben? Kasio ist auf der Suche nach sich selbst und definiert sich selbst als Außenseiterin. Ihre Mutter wünschte sich irgendetwas anderes als eine Trans-Frau als Kind – eine Trans-Frau, die zudem noch Naturwissenschaften studieren möchte. Irgendetwas „Normales“, etwas, bei dem man nicht die Blicke der Nachbarn spürt, wäre doch schöner. Die Unsicherheiten, völlig am falschen Platz zu sein, in einem falschen Leben und dabei die immer wieder gescheiterte Suche nach Akzeptanz durch die eigene Familie kennen sicher viele Jugendliche und Erwachsene. Kasio findet einen Ausweg in der Flucht aus dem Elternhaus. Ein besetztes Haus, eine Punkband, tolerante andere Außenseiter und Individualisten sind ihre Rettung. Jeder der neuen Freunde ist aber auch mit seinen eigenen Problemen beschäftigt. Das alles verknüpft sich zu einem neuen, nicht immer einfachen Leben. Kasio erkennt, dass es auf Dauer nicht immer so sein kann, wie andere es von einem erwarten, und sucht weiter ihren eigenen Weg. Hilfe findet Kasio dabei in ihrer Vorliebe für die Sterne und die Raumfahrt. Als Cassiopeia reist sie mit ihrem Raumschiff einem schwarzen Loch entgegen und versucht verzweifelt, Kontakt aufzunehmen, um eine endgültige Katastrophe zu verhindern – bis zum überraschenden Ende des inzwischen ausradierten Tagebuchs.
Ein neues Kapitel
Unser Radiergummi wird im Laufe der Geschichte immer kleiner. Kritzeleien bleiben übrig. Das sieht alles nicht mehr schön aus. Aber es gibt eine Fortsetzung. Für uns bleiben viele Erinnerungen übrig: Erinnerungen an psychedelische Bilder aus dem All, an nicht perfekt, eher gekritzelte Bilder von Menschen aus Kasios Leben und an eine stellenweise gelungene musikalische Untermalung. Übrig bleibt auch der Wunsch, mehr über Kasios Leben zu erfahren.
Fazit
Um sich einer komplexen Geschichte interaktiv zu nähern, braucht es keine spielerischen Elemente. Hier baut die einfache Interaktion mit dem Text und den Bildern eine starke Beziehung zur Erzählung auf. Mit If Found… hat uns das Independent Studio DreamFeel auf eine Reise oder eher in ein bewegendes Drama rund um die Trans-Frau Kasio in Irland mitgenommen. Man spürt, dass sich die Entwickler*innen nicht mit platter Unterhaltung zufriedengeben wollten. Es geht darum, dass man sich manchmal nicht aussuchen kann, wer man ist und dazu auch stehen sollte, auch, wenn es schwierig wird. Da gibt es eben manchmal keine Option und das ist gut so. Bei dem schwierigen Thema und der emotionalen Tiefe der Geschichte ist das Spiel für Jugendliche ab 14 Jahren interessant.