Packshot Lies of Pi.
Spielbeurteilung

Lies of P

Herausfordernde Neuinterpretation von Pinocchios Geschichte in einer Steampunk-Welt.

Eine Figur mit einem Säbel steht in einer zerfallenen Stadt.
Die Lobby eines Gebäudes mit Bücherregalen und einer riesigen Lampe.
Eine Figur kämpft gegen eine dämonenartige Kreatur.
Eine Figur steht in einer großen Halle vor einer Statue, die eine weitere Figur auf dem Schoß hält.
Eine Figur kämpft gegen einen Roboter mit roten Augen.
4
5

Allgemeines

Vertrieb: Neowiz Games
Spielewebsite: Website aufrufen
Erschienen: 18. September 2023

Jugendschutz & Altersempfehlung

USK Alterskennzeichen

USK ab 16
USK ab 16 freigegeben

Kosten:

  • Kostenpflichtiges Deluxe Upgrade beinhaltet kosmetische Items.

Spielmodi:

  • nur alleine spielbar

Pädagogische Altersempfehlung

16
spielbar ab 16 Jahren

Spielbeschreibung

“Lüge nicht, ich sehe es dir an!“ Seit Generationen hören Kinder diesen Spruch, wenn sie von ihren Eltern beim Flunkern erwischt wurden und schielen verschämt auf ihre Nasenspitze. Das über 130 Jahre alte italienische Märchen Die Abenteuer des Pinocchio von Carlo Collodi wurde mehrfach verfilmt und ist als Musical und Oper erschienen. Nun gibt es auch eine interaktive Umsetzung, die sich durch eine Mischung aus Rollenspiel und Action-Game kennzeichnet und schwierige, taktische Kämpfe, eine düstere Atmosphäre und eine herausfordernde Erzählweise bietet.

Pädagogische Beurteilung

Die Geschichte von Pinocchio

Die Puppe, die ein Mensch sein will, gilt als eine der berühmtesten Märchenfiguren Italiens. Die Handlung des Spiels orientiert sich allerdings nur sehr vage an den ursprünglichen Abenteuern und die berühmte lange Nase ist hier gar kein Leitmotiv. Die Frage nach Menschlichkeit dafür umso mehr!

Die Geschichte startet in der fiktiven und viktorianisch anmutenden Stadt Krat, wo andere Puppen nach einer Seuche die Kontrolle übernommen haben. Es leben nur noch wenige Menschen, die sich in ihren Häusern verschanzen oder anderswo Schutz suchen. Inmitten dieser verstörenden, aber bildgewaltigen Kulisse sucht der Pinocchio seinen Erbauer Gepetto, um mit ihm zusammen die Rebellion der Puppen gegen ihre menschlichen Meister zu ergründen. Dabei trifft er auch auf andere Figuren aus dem Märchen wie Gemini, die hilfreiche Grille.

Kampf

Die Gegner sind durchaus unterschiedlich gestaltet, greifen allein oder in Gruppen und oft auch überraschend aus dem Hinterhalt an. Um die Auseinandersetzungen zu bestehen, müssen Schwachstellen der gegnerischen Figuren erkannt, ihre Angriffsmuster auswendig gelernt und darauf zeitkritisch reagiert werden. Besonders wichtig ist auch die Wahl der eigenen Waffe, welche aus Klinge und Griff zusammengesetzt werden kann. Der Griff beeinflusst dabei Attribute und Angriffsmuster, während die Klinge Geschwindigkeit und Schaden bestimmt. Zudem kann auch ein Elementarschaden durch Blitz oder Feuer hinzugefügt werden, worauf bestimmte Gegner besonders empfindlich reagieren. Weiterhin bestehen die Kämpfe aus typischen Manövern wie zeitkritischem Blocken, leichten und schweren Angriffe sowie der Ausweichrolle (Dodge). Insbesondere die Zwischen- und Endgegner stellen eine ganz besondere Herausforderung dar und erfordern oft zahlreiche Versuche. Es lassen sich aber noch computergesteuerte Figuren zur Hilfe rufen, was die Kämpfe etwas vereinfacht.

Eine Frage des Stils

Je nach Vorliebe können die Kämpfe unterschiedlich angegangen werden. Genretypisch lassen sich die durch gewonnene Kämpfe erhaltenen Punkte (Ergo) in Werte investieren. Durch Steigerung von Leben, Ausdauer, Maximalgewicht und Schaden mit verschiedenen Waffen wird die eigene Puppe zunehmend mächtiger und kann auf die eigenen Bedürfnisse angepasst werden. Besucht man ein anfängliches Gebiet und kann hier die einst fordernden Gegner-Puppen im Handumdrehen besiegen, ist das ein sehr erhebendes Gefühl der eigenen Macht. Auch dies ist ein Merkmal des Genres.

Für Abwechslung ist gesorgt

Die verschiedenen Gebiete sind abwechslungsreich und vor allem in einem sehr ansprechenden Artdesign der Belle Époque gestaltet. Es geht über die Dächer der viktorianischen Stadt durch die Puppen-Fabrik und ein gefährliches Sumpfgebiet bis zu einer Geheimbasis, wo das Abenteuer schließlich seinen dramatischen Höhepunkt nimmt. Neben der Handlung gibt es noch zahlreiche kleinere Geschichten und Nebenaufgaben zu erleben. In einem Fenster der Stadt hört man jemand rufen und muss etwas erledigen, andernorts muss ein Schlüssel für eine Tür gefunden werden. Es gibt sogar eine Art Schnitzeljagd, bei der wegweisende Bilder gesucht und enträtselt werden müssen. Wer diese Rätsel löst, wird schließlich mit Gegenständen oder besserer Ausrüstung belohnt.

Puppe oder Mensch?

Immer wieder wird Pinocchio mit der Frage nach seiner eigenen Menschlichkeit konfrontiert, denn im Unterschied zu den anderen Puppen kann er lügen. Hier obliegt es den Spielenden, dies in bestimmten Situationen aktiv zu entscheiden, was als zutiefst menschlicher Akt gilt. Und je nachdem, wie menschlich P am Ende der Handlung ist, endet das Game auf unterschiedliche Weise, was den Wiederspielwert erhöht. Auch ansonsten wirft die Handlung zahlreiche ethische Fragestellungen auf und wirkt durch die kryptische Erzählung geheimnisvoll.

Nichts für zarte Gemüter

Ob beim späteren Kampf gegen Figuren, die keine Puppen sind, oder bei Endbossen, Pinocchio “lebt” in ständiger Bedrohung, was zu einer gewissen Anspannung bei Spielenden führen kann. Das Szenario ist stets bedrückend, düster und rätselhaft und abseits des Unterschlupfs gibt es kaum entlastende Passagen. Wird ein Kampf verloren, geht sogar das durch Kämpfe gewonnene Ergo verloren und Pinocchio hat nur noch eine Chance, zur Stelle seines Ablebens zu gelangen und es wieder aufzusammeln. Schafft er es nicht, geht alles verloren, was Spielende zusätzlich unter Druck setzen kann. Pinocchio ist zwar eine Puppe, wirkt dennoch sehr menschenähnlich und ist in den Kämpfen zahlreicher Gewalt ausgesetzt. Diese Darstellungen, verbunden mit der düsteren Atmosphäre und Schreckmomenten, können Heranwachsende unter 16 Jahren nachhaltig emotional überfordern.

Fazit

Das Abenteuer von Pinocchio im Stil der Belle Époque richtet sich im Gegensatz zur bekannten Märchenvorlage nicht an Kinder im Vor- und Grundschulalter. Als Vertreter des Genres Soulslike ist es manchmal gruselig und fast immer bedrohlich und bockschwer! Es werden ein hohes Maß an Geduld, Geschick und eine strategische Herangehensweise an die wuchtigen Kämpfe gefordert. Trotz bekannter Mixtur hat das Abenteuer viele eigenständige Ideen und kennzeichnet sich durch die handlungsleitende Frage, was einen Menschen auszeichnet.