Poppy Playtime
Detailliert gestaltetes Horrorspiel in bunter, kindlicher Kulisse.
Allgemeines
Jugendschutz & Altersempfehlung
Kosten:
- Free2Play
- Mittlerweile zweites Kapitel kostenpflichtig erhältlich
Spielmodi:
- nur alleine spielbar
Zusatzinfos:
Pädagogische Altersempfehlung
Es gibt einige Erschreckmomente (Jumpscares).
Spielbeschreibung
Mit Poppy Playtime liefert MOB Games ein Spiel mit zahlreichen Horrorelementen, welches sich in zwei Kapitel aufteilt. Nach dem überaus großen Erfolg von Chapter 1: A Tight Squeeze im Oktober 2021 hat der Hersteller im März 2022 mit Chapter 2: Fly in a Web eine Fortsetzung veröffentlicht. In Poppy Playtime nehmen die Spieler*innen die Rolle eines ehemaligen Mitarbeiters der Spielzeugfabrik Playtime Co. ein und erhalten zusammen mit einer mysteriösen Videokassette einen Brief von der vermissten Belegschaft der Fabrik. Die Aufgabe besteht darin, aus der Ego-Perspektive in das dunkle und stillgelegte Fabrikgebäude einzubrechen und herauszufinden, was mit den Mitarbeiter*innen passiert ist, die vor 10 Jahren plötzlich verschwunden sind. In der Fabrik angekommen stellen die Spieler*innen allerdings fest, dass die Spielzeuge darin lebendig und böswillig geworden sind. Das Maskottchen von Playtime Co. und gleichermaßen Aushängeschild des ersten Kapitels ist die Plüschfigur Huggy Wuggy – eine große, blaue Kreatur mit breiten, lächelnden roten Lippen, spitzen Zähnen, hervorquellenden, geweiteten Augen und langen Gliedmaßen. Mit dem Ziel, die Spieler*innen zu essen, sobald sie erwischt werden, jagt sie die Figur Huggy Wuggy durch die gesamte Fabrik. Um herauszufinden, was mit der Belegschaft passiert ist, und vor den böswilligen Spielzeugen zu flüchten, müssen eine Reihe von VHS-Kassetten in der Fabrik gefunden und Aufgaben gelöst werden. Die Herausforderung besteht dabei stets darin, möglichst unentdeckt zu bleiben, sich nicht töten zu lassen und der Fabrik unbeschadet zu entkommen.
Auch in der Fortsetzung Chapter 2: Fly in a Web lautet die Aufgabe weiterhin, das Rätsel um die vermisste Belegschaft zu lösen sowie der Fabrik und der darin lauernden Spielzeuge lebendig zu entkommen. Mit Mommy Long Legs findet sich im zweiten Kapitel nun ein weiterer Feind: eine pinke, übergroße Spinne, die genau wie die Figur Huggy Wuggy nach dem Leben der Spieler*innen trachtet.
Pädagogische Beurteilung
Grafik und Atmosphäre
Poppy Playtime bedient sich einer Kulisse, wie es schon viele Horrorspiele und -filme vorher getan haben: einer verlassenen, seit Jahren stillgelegten Fabrik. Ähnlich wie in Spielen wie Five Nights at Freddy’s besteht auch hier der besondere Kick darin, durch eine leerstehende Einrichtung zu wandern und sich währenddessen vor den bösen Kreaturen schützen zu müssen, die im Dunkeln lauern. Die einzelnen Räume, Flure und Schächte in der Fabrik sind einerseits in bunten Farben gehalten, was die Optik einer Spielzeugfabrik realistisch darstellt, andererseits wirkt die gesamte Fabrik durch eine schwache Beleuchtung veraltet und dreckig, was die Vorstellung, in einer stillgelegten, alten Fabrik gelandet zu sein, deutlich erhöht.
Die langen Flure und enge Bereiche, wie z.B. Lüftungsschlitze und schmale Gänge, durch welche sich die Spieler*innen begeben müssen, verstärken das Gefühl, in der Fabrik eingeschlossen zu sein. Das Spiel schafft es auf diese Weise, in der düster gestalteten Fabrik eine beklemmende Atmosphäre der Angst und des Schreckens zu kreieren, die während des gesamten Abenteuers anhält, da man zu jeder Zeit mit einer Attacke der Spielzeuge, insbesondere der Figur Huggy Wuggy, rechnen muss. Durch das Erzeugen von Angst und Anspannung und die düstere Atmosphäre, die in der Fabrik kreiert wird, birgt Poppy Playtime das Risiko, insbesondere bei jüngeren Kindern ein Übermaß an Angst auszulösen und sie gegebenenfalls nachhaltig zu traumatisieren.
Sound
Größtenteils begleitet eine realistische Soundkulisse, bestehend aus Geräuschen, die durch die Interaktion der Spieler*innen mit der Umgebung in der Fabrik hervorgerufen werden, die Handlung. Neben den selbst hervorgerufenen Geräuschen sind die Szenen meist entweder komplett still oder durch leises, kühles musikalisches Summen untermalt. Die dadurch erzeugte unheimliche Stille trägt zum Mysterium der Fabrik bei und erhöht die Anspannung bei den Spielenden, welche durch den realistischen, lebensecht wirkenden Sound intensiv in den Bann des Geschehens gezogen werden und sich so fühlen, als seien sie gerade wirklich in der verlassenen, menschenleeren Spielzeugfabrik. Lediglich in den Momenten, in denen die böswilligen Figuren Huggy Wuggy und Mommy Long Legs auftauchen und die Flucht vor beiden Kreaturen beginnt, ertönt laute, dröhnende Musik. Die musikalische Untermalung in diesen Szenen, in denen Spieler*innen ohnehin durch das plötzliche Erscheinen der Figuren ein hohes Maß an emotionalem Stress erleben, steigert die Angst zusätzlich.
Spielanforderungen
Da es sowohl von Chapter 1 als auch von Chapter 2 weder eine deutsche Sprachausgabe gibt noch deutsche Untertitel das Geschehen begleiten, sondern die Kapitel nur in englischer Sprachausgabe mit englischen Untertiteln verfügbar sind, ist ein Verständnis der englischen Sprache ratsam. Es gibt zwar nur kurze Texte und Dialoge und in den wenigen Szenen, in denen Anweisungen und Untertitel auf Englisch auftreten, kommen Spieler*innen sicherlich auch durch Herumprobieren auf die Lösungen. Dennoch empfiehlt sich ein grundlegendes Verständnis der englischen Sprache, um der Handlung folgen, die einzelnen Rätsel lösen und dabei das bestmögliche Spielerlebnis haben zu können.
Abstriche gibt es für die hohen Systemanforderungen, welche ein flüssiges Spielen nur auf neueren PCs ermöglicht. Obwohl Poppy Playtime auch für Smartphones verfügbar ist, macht das Spielen auf mobilen Endgeräten im Vergleich zu PCs deutlich weniger Spaß. Die Kulisse der Fabrik wirkt auf PCs deutlich detaillierter als auf Smartphones, während auch das Gameplay auf den PCs deutlich flüssiger verläuft als in der häufig verschwommenen und starren mobilen Version. Während auf dem PC das Spielen ohne Ladeunterbrechungen möglich ist, muss man in der mobilen Version häufig aufgrund von Ladebildschirmen warten. Besonders in schnellen Szenen, wie der Flucht vor den Figuren Huggy Wuggy oder Mommy Long Legs, können die plötzlichen Ladezeiten den Spielfluss und -spaß deutlich hemmen. Insbesondere bei der Flucht ist ein schnelles Reaktionsvermögen Voraussetzung. Doch auch bei den einzelnen Rätseln ist es erforderlich, schnell unter Zeitdruck reagieren zu können. Beispielsweise besteht eine der Aufgaben darin, unter Zeitdruck eine bestimmte, vorher präsentierte Farbreihenfolge fehlerfrei zu wiederholen. Vor allem in Rätseln wie diesem müssen Spieler*innen eine Kombination aus schnellem Reaktionsvermögen, zeitkritischem Handeln, Merkfähigkeit und einer guten Hand-Augen-Koordination unter Beweis stellen, um den feindseligen Figuren zu entkommen.
Insgesamt überzeugt Poppy Playtime durch die detailliert gestaltete Kulisse, die hervorgerufene, düstere Atmosphäre und ein einfaches, besonders für Einsteiger*innen geeignetes Gameplay mit simpler Steuerung. Obwohl die Rätsel an einigen Stellen nicht selbsterklärend sind und etwas Nachdenken erfordern, können Spieler*innen doch recht schnell auf die Lösung kommen. Mit einem durchschnittlichen Zeitaufwand von ca. 30 bis 45 Minuten für das erste Kapitel und ca. 1 bis 2 Stunden für das zweite Kapitel ist das Spiel deutlich begrenzt und kurzweilig.
Problematische Aspekte
Der wohl bekannteste Charakter aus Poppy Playtime ist die Figur Huggy Wuggy, die mit ihrer gruseligen Visage wohl zahlreichen Spieler*innen langfristig im Kopf bleibt. Huggy Wuggy fungiert als Maskottchen der Fabrik und wirkt schon alleine durch seine Größe auf den ersten Blick einschüchternd. Ob in seiner echten Gestalt, auf Postern oder an Wänden in der gesamten Fabrik – die Figur Huggy Wuggy findet sich in zahlreichen Szenen und stellt einen allgegenwärtigen Gruselfaktor dar.
Im Laufe des Abenteuers kommt es zu Szenen, in denen Spieler*innen von Huggy Wuggy verfolgt werden und dabei durch Lüftungsschächte der Fabrik flüchten müssen. An diesen Stellen bedarf es eines schnellen Reaktionsvermögens, um nach dem Erscheinen von Huggy Wuggy sofort die Flucht zu ergreifen und die Figur nicht zu nah an sich herankommen zu lassen. Denn kommt Huggy Wuggy den Spieler*innen zu nah, werden diese von der übergroßen Kreatur gefressen und müssen die Flucht im nächsten Schritt erneut beginnen. Für Jüngere kann eine solche Verfolgungsjagd durch die dunklen, engen und verwinkelten Schächte der Fabrik ein hohes Maß an emotionalem Stress auslösen. Das Gefühl, gejagt zu werden, wird durch die zusätzlichen Adrenalinschübe, ausgelöst durch zahlreiche Jump-Scares, weiter stimuliert. Auch wenn einige Menschen genau an solchen Elementen Gefallen finden, können solche Szenen vor allem Kinder und Jugendliche gegebenenfalls emotional überfordern.
Zusätzlich zu dem ohnehin hohen Maß an emotionalem Stress, werden durch Sprüche der Figuren weitere Ängste geschürt, wie Mommy Long Legs’ Drohungen: „Obey the rules or I’ll tear you apart and eat your insides while you’re still alive“ (zu Deutsch: „Befolge die Regeln oder ich reiße dich auseinander und esse deine Eingeweide, während du noch am Leben bist“) oder „[…] If anyone deserves to die alone, it’s you“ (zu Deutsch: „Wenn jemand es verdient, alleine zu sterben, dann du“). Auch der Huggy Wong Song, welcher bei dem ersten Erscheinen von Huggy Wuggy abgespielt wird und mittlerweile weit über die Grenzen des Spiels durch die Medien bekannt wurde, schürt durch Zeilen wie „His name is Huggy, Huggy Wuggy. When he hugs you, he’ll never stop. Your friend Huggy, Huggy Wuggy. He’ll squeeze you until you pop“ (zu Deutsch: „Sein Name ist Huggy, Huggy Wuggy. Wenn er dich umarmt, wird er nicht mehr aufhören. Dein Freund Huggy, Huggy Wuggy. Er wird dich drücken bis du platzt) die tiefsten Ängste vieler Kinder. Das Spiel bedient sich insgesamt nicht nur durch Grafik, Geräusche und Figuren, sondern auch durch die Worte der Charaktere angsterzeugender Inhalte, welche für Kinder völlig ungeeignet sind, da sie diese nachhaltig verstören können.
Zusätzlich dazu finden sich mit Puppen und Kuscheltieren in der bunten Kulisse einer Spielzeugfabrik zahlreiche kindgerechte Gegenstände und Elemente, die als böswillig und gefährlich dargestellt werden. Die Darstellung kindlicher Gegenstände als bedrohliche Charaktere nutzt das Sicherheitsgefühl aus, welches viele Kinder in Bezug auf Dinge wie Puppen und Kuscheltiere empfinden. Es droht das Risiko, dass Kinder Ängste vor genau diesen Gegenständen, welche ihnen zudem in ihrem Alltag besonders nah sind und häufig begegnen, entwickeln.
Gewalt
Im Gegensatz zu vielen anderen Horrorspielen bedient sich Poppy Playtime besonderer Darstellungen von Gewalt, da diese lediglich durch Puppen und Kuscheltieren, und nicht durch Menschen, wie es häufig in anderen Spielen der Fall ist, dargestellt wird. Dennoch ist die präsentierte Gewalt keineswegs harmlos. Beispielsweise kommt es zum Ende des zweiten Kapitels dazu, dass die übergroße, pinke Spinne Mommy Long Legs vor den Augen der Spieler*innen von einer Walze zerquetscht wird, während dabei Blut aus ihrem Körper spritzt und ihr abgetrennter Kopf schlussendlich auf den Boden fällt. Neben diesen Szenen finden sich Darstellungen von Blut im gesamten Verlauf, beispielsweise indem neben einzelnen Blutspritzern auch ganze Blutlachen auf Böden oder an Wänden zu erkennen sind. Auch aufgrund der Darstellung von Gewalt und Blut ist Poppy Playtime nicht für jüngere Kinder geeignet.
Fazit
Mit der Umgebung einer bunten, kindlich gestalteten Spielzeugfabrik und Figuren wie Puppen und Kuscheltieren wirkt Poppy Playtime auf den ersten Blick wie ein Spiel, welches sich vermeintlich an ein jüngeres Publikum richtet. Dennoch handelt es sich hierbei um ein Horrorspiel, welches für Kinder nicht geeignet ist. Durch die Darstellung kindlicher Gegenstände als böswillige Feinde, vor denen die Spieler*innen flüchten müssen, birgt Poppy Playtime die Gefahr, insbesondere bei jüngeren Kindern und Jugendlichen ein hohes Maß an Anspannung und emotionalem Stress auszulösen, tiefgründige Ängste zu schüren und der Entwicklung neuer Ängste vor alltäglichen Gegenständen wie Puppen und Kuscheltieren beizutragen. Auch die Darstellung von Gewalt und Blut birgt das Risiko besonders die Spieler*innen zu verstören, die noch nicht die Resilienz entwickelt haben, um mit derartigen Inhalten umzugehen. Erst Jugendliche, die einen ausreichenden emotionalen Reifegrad besitzen, um angsterzeugende und stressauslösende Inhalte verarbeiten zu können, sollten Poppy Playtime spielen.