Sekiro: Shadows Die Twice
Fordernder Shinobi-Klingentanz mit überbordenden Gewaltdarstellungen.
Allgemeines
Jugendschutz & Altersempfehlung
USK Alterskennzeichen
Spielmodi:
- nur alleine spielbar
Pädagogische Altersempfehlung
- Frustrationstoleranz
- Geduld
Das Spiel beinhaltet überbordende Gewaltdarstellungen und moralisch problematische Handlungen.
Spielbeschreibung
Sie heißen Demon´s Souls, Dark Souls und Bloodborne – Spiele des Entwicklerstudios From Software zeichnen sich durch ein immens forderndes, oft frustrierendes, aber auch unglaublich belohnendes Kampferlebnis in einer geheimnisvollen Spielwelt aus. An diese Tradition knüpft Sekiro nahtlos an und garniert die erfolgreiche Formel mit einem frischen Setting, innovativen Kampfsystem und zahlreichen weiteren Änderungen. Die Handlung ist in der japanischen Sengoku-Ära des späten 16. Jahrhunderts angesiedelt. Protagonist Sekiro, der einarmige Wolf, ist ein entehrter Krieger. Er konnte die Entführung des jungen Abkömmlings einer alten Blutlinie nicht verhindern. Bei diesem Kampf verliert er nicht nur sein Bewusstsein, sondern auch den linken Arm. Als er wieder erwacht, befindet er sich an einem unbekannten Ort und trägt eine mit Gimmicks gespickte, vom unbekannten Bildhauer gefertigte Prothese. Fortan will er seine Ehre zurückerlangen und den Jungen aus den Fängen des verfeindeten Clans befreien.
Pädagogische Beurteilung
Weltdesign
Gewaltige Bergketten, an denen sich historisch anmutende Gebäude und Festungsanlagen schmiegen. Der Blick nach unten offenbart meist ein klaffendes Nichts. Andernorts steht Sekiro mitten im saftig grünen Bambuswäldchen oder einem fernöstlichen Tempelgelände. In dieser Welt trifft er nicht nur auf menschliche Gegnertypen, sondern auch auf übernatürliche Kreaturen aus der japanischen Kultur. Hier tritt der riesige Oger auf den Plan, dort schlängelt sich ein gigantischer Wurm durch die Schluchten und auch geisterhafte Kreaturen warten in finsteren Höhlen auf ihr erneutes Ableben.
Sound
Die musikalische Untermalung ist meist dezent, dreht bei Feindkontakt kräftig auf und unterstützt die spannungsgeladene Atmosphäre der Katana-Duelle. Hier und da werden auch Geräusche eingestreut, die scheinbar verwirren oder erschrecken. Apropos Klang: Erstmals in Spielen dieses Entwicklerstudios hat der Protagonist auch etwas zu sagen, wird in die Präsentation der Story mit einbezogen und wirkt nicht wie ein Statist.
Geheimnisse
Doch trotz des Luxus einer deutschen Sprachausgabe offenbart die Spielwelt nicht sofort alle Geheimnisse. Vielmehr muss die Handlung interpretiert und dechiffriert werden. Warum erkranken mir freundlich gesonnene Menschen? Welche Bedeutung hat das kryptische Gespräch zweier Wachen? Und was ist auf diesem verwüsteten Schlachtfeld passiert? Die zahlreichen Fragen zur Handlung und Umgebung werden nicht immer klar beantwortet und laden zum Spekulieren im Freundeskreis oder der Community ein.
Kampfsystem
Der Protagonist ist ein Shinobi. Laut Überlieferungen handelt es sich hierbei um speziell ausgebildete Spione und Meuchelmörder, die immer dann auf den Plan traten, wenn es um unangenehme Aufgaben ging. Dies kommt durch die neue Schleichmechanik zum Ausdruck. Statt mit wildem Gebrüll die Übermacht an Feinden zu attackieren, ist ein heimliches Vorgehen mit Attacken aus dem Hinterhalt gefordert. Kommt es zu direkten Konfrontationen, kommt eine weitere Besonderheit zum Tragen: Denn sowohl Gegner als auch Spielfigur haben neben der typischen Lebensenergie auch ein Kontingent an Haltung. Durch Angriffe und zeitkritische Abwehr (Blocks) mit dem Katana kann diese gebrochen und zum finalen Todesstoß angesetzt werden. Dies führt zu einer völlig veränderten Kampfdynamik, die ein hohes Maß an Geduld, Übung, Beobachtungsgabe und zeitkritischem Handeln voraussetzt. Rote japanische Schriftzeichen signalisieren eine besonders starke Attacke des Gegenübers, die oft ungewohnte Gegenmaßnahmen erfordert. Gerade bei Stoßangriffen mit Lanzen muss beherzt auf den Gegner zugesprungen werden, was der Instinkt eigentlich verbietet. Hinzu kommen noch verschiedene Finessen mit der Armprothese wie Fernangriffe, Feuerattacken oder mächtige Axthiebe. Das Kampfsystem fordert das Finden eines der Situation entsprechenden Rhythmus, die passende Balance zwischen Angriff und Abwehr, Distanz und Nähe. Und dies bei jedem Gegner aufs Neue. Auf diese Weise entsteht ein immens spannendes, forderndes und taktisch geprägtes Kampfgeschehen, das erst nach vielen Stunden beherrscht wird – und selbst dann immer wieder fordert.
Interaktion mit der Umwelt
Jede Szenerie eröffnet zahlreiche Möglichkeiten, der Übermacht an Feinden Einhalt zu gebieten. Mit dem Greifhaken kann sich Sekiro auf Dächer schwingen, weit entfernte Baumwurzeln erreichen oder auch Gegner im Anflug besiegen. Schmiegt er sich an Wände, bleibt er ebenso unentdeckt, wie im schützenden hohen Gras. Mit einem Fernglas lassen sich Laufwege der Feinde erspähen und entsprechende Taktiken für das weitere Vorgehen entwickeln. Geduckt und auf leisen Sohlen schleicht sich der Wolf heran, besiegt lautlos einen nach dem anderen Kontrahenten. Auf den Dächern hat er nicht nur eine bessere Übersicht, aus erhöhter Position können die Gegner mit einer gezielten Sprungattacke klammheimlich besiegt werden. Doch wehe, wenn der Bogenschütze auf dem gegenüberliegenden Dach Wind davon bekommt – dann ist sofort die Hölle los und das gesamte Lager stürmt samt Wachhunden auf Sekiro zu und will ihm an den Kragen. Jetzt wird aus dem bedächtigen Geschehen plötzlich hektischer Tumult, der aufgrund der gegnerischen Übermacht oft mit dem Ableben und Wiederauferstehen am letzten Speicherpunkt, den spärlich gesäten Statuen des Bildhauers, endet.
Tod mit Konsequenzen
Der Tod hat mehrere Konsequenzen. Zum einen erwachen alle vormals besiegten Gegner wieder zum Leben und müssen erneut besiegt werden. Zum anderen werden die Hälfte der Erfahrungspunkte und des Geldes abgezogen. Und auch die Umwelt wird durch den Tod beeinflusst, denn nach und nach erkranken die freundlich gesonnenen Menschen. Da röchelt und hustet der alte Bildhauer und dem Händler auf dem Hügel geht es ebenfalls sichtlich schlecht. Drachenfäule heißt diese Krankheit und beeinflusst auch die Chance, ohne Verluste von Geld und Erfahrung wiederaufzuerstehen. Letzteres ist deshalb so wertvoll, weil sich damit aktive und passive Fähigkeiten freischalten lassen, die das Kampfgeschehen erleichtern oder abwechslungsreicher gestalten.
Fordernde Bosskämpfe
Den meisten Feinden kann man durch Klettern, Schwingen, Schleichen und Rennen aus dem Weg gehen, ohne das Katana zücken zu müssen. Doch nur wer die besonders mächtigen Zwischenbosse in fordernden Auseinandersetzungen besiegt, erhält auch die Möglichkeit, die eigene Angriffskraft und Lebensenergie aufzuwerten. Die vermeintliche Sicherheit ist daher trügerisch und rächt sich im späteren Verlauf. Andere Endgegner müssen hingegen besiegt werden, um die Handlung voranzutreiben und in neue Gebiete zu gelangen. Diese besonders zähen Kontrahenten erfordern oft zahlreiche Anläufe, um sie besiegen zu können. Die fordernden Duelle machen anfangs meist Spaß, beim 10. Mal kann der Frust allerdings sehr tief sitzen, beim 20. Mal würde man am liebsten frustriert den Controller in die Ecke werfen. Gerade, wenn vorher in mühevoller Schleicharbeit das gesamte Gebiet von normalen Gegnern befreit werden musste, um nicht während des intensiven Duells durch Seitenhiebe oder brennende Pfeile gestört zu werden.
Jugendschutzaspekte
Sekiro: Shadows Die Twice hat von der USK keine Jugendfreigabe erhalten. Denn das Spiel kann auf unterschiedlichen Ebenen Kinder und Jugendliche nachhaltig beeinträchtigen. Zwar wirkt das erkennbar historisch und fiktiv anmutende Setting, die auf Taktik ausgelegten Kämpfe sowie die übernatürlichen Kreaturen aus der japanischen Kultur entlastend und ermöglichen eine Distanzierung zum spannenden Geschehen. Allerdings ist die Handlung geprägt von kämpferischen Auseinandersetzungen oder heimlichen Morden. Und dies wird auf der Bildebene durch teils drastische Animationen mit viel Blut und Animationen von Gewalt untermalt. Beispielsweise gehört der Todesstoß zu regelmäßig vorkommenden Gewaltspitzen und ist ein elementarer Bestandteil des Kampfgeschehens. Der einsame Wolf spießt hierbei seinen Gegner mit dem Katana auf, das Blut spritzt wie eine Fontäne aus dem kurz noch zappelnden Körper, bis er leblos auf den Boden geworfen wird. Solche Bilder können Minderjährige ebenso nachhaltig desorientieren wie die Charakterzeichnung des Protagonisten Sekiro. Dieser wird zwar als positive Identifikationsfigur eingeführt, bringt allerdings auf seinem Weg zur Gerechtigkeit auch Wehrlose eiskalt zur Strecke. Das Motiv zwecks Rache über Leichen zu gehen ist eine grundlegend moralisch problematische Handlung, die kritisch gerahmt und reflektiert werden sollte. Diese Fähigkeit ist ggf. bei gefährdungsgeneigten Jugendlichen nicht ausreichend ausgebildet.
Fazit
Sekiro ist anders als der Mainstream! Das Action-Adventure ist frei von Mikrotransaktionen, hat keinen Mehrspielermodus, bietet keine schnell aufeinanderfolgenden Erfolge und verzichtet auf die typische Hollywood-Story mit holzschnittartigen Charakterzeichnungen und den üblichen spannungs- und motivationsbringenden Konventionen. Die taktikintensiven Klingentänze in der japanischen Sengoku-Ära des späten 16. Jahrhunderts folgen der bekannten Formel des Entwicklerstudios: Immer und immer wieder gnadenlos scheitern, dafür umso glorreicher siegen! Der hohe Schwierigkeitsgrad hat allerdings auch seinen Preis, denn die hohen Barrieren schließen auch viele Menschen vom Spielspaß aus und machen es zu einem exklusiven, beeindruckenden Erlebnis für ehrgeizige Profis. Auf Minderjährige könnten die ethisch problematische Charakterzeichnung des Protagonisten sowie die zahlreichen überspitzten Gewaltanimationen desorientierend wirken.