Packshot des Spiels Tropico 5
Spielbeurteilung

Tropico 5

Skurril-witzige Wirtschaftssimulation.

Screenshot des Spiels, auf dem eine Rakete auf der Abschussrampe abgebildet wird.
Die Vogelperspektive einer Stadt mit 2 Baukränen im Vordergrund.
ein Screenshot des Charaktereditors
4
5

Allgemeines

Vertrieb: Kalypso
Spielewebsite: Website aufrufen
Erschienen: 23. Mai 2014

Jugendschutz & Altersempfehlung

USK Alterskennzeichen

USK ab 12
USK ab 12 freigegeben

Kosten:

  • Kostenpflichtige DLCs erhältlich, die das Spiel um Inhalte erweitern

Spielmodi:

  • max. 4 Spieler*innen
  • Gegeneinander
  • Miteinander
  • Online

Pädagogische Altersempfehlung

12
spielbar ab 12 Jahren

Spielbeschreibung

In dieser Aufbau- und Wirtschaftssimulation geht es ein weiteres Mal darum, ein tropisches Inselreich als korrupter Diktator*in über mehrere Zeitepochen hinweg zu regieren und dabei stetig zu expandieren. Spieler*innen betrachten das detailreiche und bunte Tropenparadies aus der Vogelperspektive. In Echtzeit kann er hier ein Straßennetz aufbauen, Gebäude und Produktionsstätten planen, die anschließend von den Einwohnern errichtet werden. Weiterhin gilt es weitreichende politische und diplomatische Entscheidungen zu treffen sowie Handelsbeziehungen einzugehen, um erfolgreich zu sein. Regelmäßig erscheinen Auftraggeber verschiedener Interessensgruppen. Da gilt es z.B. eine bestimmte Menge an Bananen zu exportieren, spezifische Gebäude zu errichten, bei deren Erledigung wahlweise Finanzspritzen, neue Kolonisten, zusätzliche Wähler oder andere Boni bei bestimmten Nationen oder Gruppierungen als Belohnung winken.

Auch sollte die Zufriedenheit der Bevölkerung im Blick behalten werden. Sonst wächst der Unmut und es kommt zu Unruhen oder gar zur Abwahl. Kirche, Supermarkt, Opernhaus und Taverne lassen das Volk den ausbeuterischen Arbeiteralltag vergessen. Einige der über 100 Gebäude und deren Verbesserungen lassen sich allerdings erst durch entsprechende Forschungsprojekte realisieren.

Innenpolitisch können über eine Verfassung und Erlasse zentrale Weichen gestellt werden. Und wie man sich vorstellen kann, geht es hier nicht immer mit koscheren Mitteln zu. Denn auch für das eigene Wohl will gesorgt sein, weshalb der ein oder andere Dollar auf dem Schweizer Bankkonto landet. Selbstverständlich gehören auch Schmiergeld, Säbelrasseln, Wahlmanipulation und Vetternwirtschaft zum tagtäglichen Handwerk eines „waschechten“ virtuellen Diktators.

Erstmals erstreckt sich die eigene Dynastie über mehrere Zeitepochen, in denen jeweils andere Gebäude und Forschungen verfügbar sind sowie unterschiedliche Interessen – global wie national – zufriedengestellt werden müssen. Außerdem wuselt jetzt nicht nur das Alter-Ego „El Presidente“ in Uniform oder Lederjacke über die Insel – die Diktatorenfamilie bekommt ab und an ein neues Mitglied, welches kleine Boni mitbringt. Hat unsere die Erbin etwa einen grünen Daumen, steigt die Schönheit des Eilandes. Zudem können die Sprösslinge immer mal wieder auf kleine Dienstreisen geschickt werden, von denen Sie erfolgreich – etwa mit verbesserten Beziehungen zu einer Großmacht – oder nicht so erfolgreich – etwa mit einem Holzbein – zurückkommen können.

Weiterhin zählt ein Mehrplayermodus zu den größten Neuerungen dieses Serienablegers.

Pädagogische Beurteilung

Verständlicher Einstieg

Auch virtuelle Machthaber*in fangen einmal klein an. Im verständlichen Tutorial und einer anschließenden Kampagne konnten Neulinge auf unterhaltsame Weise die zentralen Spielforderungen kennenlernen. Vertonte Aufgabenstellungen erläuterten ihnen kleinschrittig das jeweils sinnvolle Vorgehen. Das Lösen der abwechslungsreichen und zunehmend komplexer gestalteten Missionen hielt alle bei Laune, wobei die Geschichte als eher langweilig beschrieben wurde. Nach und nach konnten selbst Genre-Unerfahrene die komplexen Wechselwirkungsprozesse von Gebäuden, Betrieben oder Politik nachvollziehen. Hilfreich war hier, dass die Funktionen von Betrieben und Anlagen der Realwelt nachempfunden sind. Erfahrene Tropico-Spieler*innen profitierten außerdem von zahlreichen Parallelen zum Vorgänger. Kritisiert wurden die etwas unübersichtlichen Menüs. Beispielsweise verhungern Tropicaner*innen, ohne dass den Spieletestern zuvor ein Missstand offensichtlich war.

Ab in den Sandkasten

Als besonders motivierend entpuppte sich der Sandkastenmodus, in dem die Tester ihren eigenen Inselstaat von Anfang bis Ende unter selbst gewählten Vorzeichen verwalten konnten. Hier wurde das zuvor Erlernte umgesetzt und verschiedene Strategien erprobt. Dass die Handlungsforderungen zunehmend komplexer wurden, sorgte bei Genreunerfahrenen für eine angemessene Lernkurve, ohne sie zu überfordern. Und den Serienkennern gefiel es, erstmals den eigenen Staat von der Kolonialzeit durch die Weltkriege und den Kalten Krieg bis in die Moderne zu führen sowie die eigenen Nachkommen mit eigenen Fähigkeiten ausstatten zu können. Im Vergleich zu den Vorgängern beschrieben sie den Verlauf als wesentlich abwechslungsreicher.

Interessant war für alle die langfristige Entwicklung der eigenen Bananenrepublik. So richtete ein Spieletester*innen alle Anstrengungen darauf, eine profitable Touristenfalle zu planen, während andere einen Industriestandort mit schmutzigen Fabriken erschufen. Diese unterschiedlichen Vorgehensweisen und ihre erkennbaren optischen Auswirkungen sorgten bei den Genrefans für eine hohe Langzeitmotivation.

Konfliktreiche Außenpolitik

Beim Austarieren der Interessen verschiedener Großmächte kann es auch zu kriegerischen Handlungen kommen. Ein Spieletester verärgerte beispielsweise die Amerikaner während des Kalten Krieges, indem er russische Atomraketen auf der Insel lagerte und dabei erwischt wurde. Als plötzlich Soldaten am tropischen Strand aufmarschierten und es zum Gefecht kam, machten sich Militäranlagen wie Wachtürme und Kasernen bezahlt. Die Gefechte laufen (bis auf ein paar Befehlsmöglichkeiten) automatisch ab. Durch die Darstellung von kleinen kämpfenden Männchen aus der Vogelperspektive wirkte das Geschehen auf die Jugendlichen nicht bedrohlich.

Komplexe Innenpolitik

Eine Verfassung bestimmt die grundlegenden Rechte und Pflichten der Bürgerinnen und Bürger. Angefangen vom Wahlrecht über Religion, Gesundheitsversorgung bis hin zur Armeestruktur können hier zentrale Weichen gestellt werden. Weiterhin bieten Erlässe Möglichkeiten der Einflussnahme auf Arbeitslosigkeit, Gesundheit, Sicherheit und Nahrungsmittelversorgung, die es überlegt einzusetzen gilt. Z.B. erhält die Bevölkerung entweder kostenlose Lebensmittelpakete oder sie müssen für teuer Geld erworben werden – jeweils mit entsprechender Konsequenz. Außerdem haben Erlässe und Verfassungsänderungen auch direkten Einfluss auf die Außenpolitik. Ein Spieletester legalisierte z.B. im Inselparadies Drogen. Dies brachte zwar mehr Steuergelder, die Großmächte der Welt waren allerdings wenig begeistert.

Zusammenspielen

Neuerdings bietet Tropico einen Multiplayer-Modus, in dem bis zu vier Spieler*innen mit ihrer Nation gleichzeitig auf einer Insel siedeln können. Laut Hersteller ist dies entweder gemeinsam oder in Konkurrenz möglich. Es soll auch eine Möglichkeit bestehen, miteinander Krieg zu führen. Zum Testzeitpunkt war diese Funktion noch nicht freigeschaltet. Die Jugendlichen freuten sich allerdings sehr über die kommende Möglichkeit. Auf der Insel ist immer so viel gleichzeitig zu tun, dass es zusammen noch mehr Spaß machen könnte als alleine – so deren Meinung.

Deutlicher Sarkasmus

Das eigentlich bedrückende Szenario einer ausgebeuteten Bevölkerung, die unter der Korruption ihres Anführers leidet, wird hier mit fröhlichen Karibik-Klängen, buntem Südseeambiente und skurril-witzigen Kommentaren deutlich gebrochen. Durch diesen erkennbaren Fokus auf schwarzen Humor kommt es nicht zu einer Verherrlichung von Diktaturen. Im Gegenteil – Korrupte Machthaber werden auf die Schippe genommen und ihre niedrigen Beweggründe auf spielerische Weise deutlich gemacht. Selbst die Ladebildschirme präsentieren kleine, ironische Anekdoten von echten Diktatoren, die Spielende meistens sowohl zum Lachen als auch zum Nachdenken bringen. So hat beispielsweise ein afrikanischer Diktator unzählige Krankenhäuser schließen lassen, weil er sich selbst für einen allmächtigen Medizinmann hielt.

Diese satirischen und stereotypen Seitenhiebe auf Politik, Supermächte und historische Figuren sowie Anspielungen auf bekannte Filme und Games bedürfen allerdings ein gewisses Reflexionsvermögen und (Medien-)Erfahrung, um sie als Spaß erkennen, richtig einordnen und auch darüber lachen zu können.

Durchaus lehrreich

Zwar ist Tropico 5 kein komplexer Politiksimulator, der es sich zum Ziel gesetzt hat, die Wechselwirkungen im globalen Machtpoker möglichst detailgetreu kennenzulernen. Doch die Spieletester*innen waren sich einig darüber, dass sie sehr wohl erfahren haben, wie ein Staat in seinen Grundzügen funktioniert und wie komplex sich das Austarieren unterschiedlicher Interessenslagen gestalten kann. Sie wünschten sich, dass ein solches Spiel im Politik- oder Geschichtsunterricht eingesetzt wird, wie es beispielsweise bei Napoleon: Total War der Fall war – so die einhellige Meinung.

Fazit

Auch in diesem Teil der Wirtschaftssimulation gilt es als Diktator*in die Geschicke einer karibischen Bananenrepublik nach eigenen Vorstellungen zu steuern. Gefragt sind Taktik, langfristige Planung und eine gewisse Reife. Denn den tieferen Sinn des schwarzen Humors und die zahlreichen politischen und kulturellen Anspielungen können medienerfahrene Mädchen und Jungen in der Regel erst ab 12 Jahren gänzlich durchschauen. Bei entsprechender pädagogischer Begleitung kann das Spiel durchaus in Lehr- und Lernkontexten eingesetzt werden, um diplomatische und ökonomische Wechselwirkungsprozesse darzustellen.

Bewertung der Spieletest-Gruppe

Bürgerzentrum Deutz

Köln
Spielspaß: