
Unforeseen Incidents
Spannendes Mystery Point&Click-Adventure mit kniffligen Rätseln sowie gruseligen und humoristischen Elementen.
Allgemeines
Spielbeschreibung
Der Hobby-Bastler Harper Pendrell lebt in der Stadt Yelltown und schlägt sich mit ein paar Reparaturaufträgen durchs Leben. Harper ist aber auch vor allem eines – faul! So richtig aus seinem Trott kommt er nicht und erst als ein mysteriöses Fieber ausbricht, ist er gezwungen, seinen Schweinehund zu überwinden. Yelltown droht dabei immer weiter auszusterben und als Harper auf eine infizierte Frau trifft und sie ihn um einen letzten Gefallen bittet, sieht er sich in großer Verantwortung, das Geheimnis um den mysteriösen Virus zu lüften.
Pädagogische Beurteilung
Das klingt nach einem gruseligen Zombiespiel, oder?
Die Story rund um Harper klingt erstmal richtig spannend und das ist sie auch. Allein der Trailer lässt wahrscheinlich ein gruseliges Zombiespiel vermuten, welches mit der Cartoon-Grafik vielleicht ein wenig die Brutalität und Grausamkeit nehmen möchte, aber dennoch eigentlich eher für Jugendliche und junge Erwachsene entwickelt wurde. Um das klarzustellen: So ist es nicht! Was Harper, seine Nebencharaktere und die Story so interessant machen, ist die Vielschichtigkeit. „Harper ist ein sympathischer, lustiger Tollpatsch“, beschreibt es Testerin Fiona. Durch Humor und lockere Sprüche wird eine Atmosphäre geschaffen, die das Adventure auch für Kinder zu einem interessanten Spiel macht.
Der Tod in Unforeseen Incidents
Der Tod selbst nimmt gar nicht diese große Rolle ein, die von dem Thema Virusausbruch zu erwarten ist und auch von Zombies kann hier nicht die Rede sein. Die infizierten Menschen sterben nämlich „ganz normal“ und wandern nicht als Untote durch das Bild. Die Jugendlichen fanden das Spiel insgesamt eher nicht brutal: „Es gibt eine Szene, bei dem der Tod schon in einer Art gezeigt wird“, berichtet Fiona. Das halte sich aber absolut in Grenzen und sei für kleine Kinder vielleicht grenzwertig, aber absolut ertragbar.
Grusel, Humor und sogar noch viel tiefgründiger
Schaut man hinter die Fassade der Story, lassen sich sogar gesellschaftsrelevante Themen finden. Es soll nicht zu viel verraten werden, aber Vertrauensbrüche und das Manipulieren von Persönlichkeiten finden sich genauso wieder, wie die Gier nach Macht und Anerkennung. Das sind große Themen, die von Jüngeren womöglich nicht alle gesehen werden. Aber genau das macht es auch für Erwachsene interessant. Eltern können sich gut mit den Kindern gemeinsam vor den PC setzen und Vorkommnisse auf das echte Leben übertragen. Die Testerinnen im jugendlichen Alter haben diese gesellschaftlichen Kontexte verstanden und finden es beispielsweise sehr gut, dass das Thema Homosexualität zwar aufgegriffen, aber durch die Nebensächlichkeit als etwas völlig Normales dargestellt wird.
Das Spielprinzip – hier und da mal ein bisschen klicken
Das klassische Point&Click ist ein Genre, welches seine Hochphase wahrscheinlich eher in den 80ern und 90ern hatte. Man schaut als Beobachter*in auf eine Situation und kann durch Klicken die Spielfigur von A nach B bewegen. Dazu gibt es Felder und Gegenstände, mit denen über das Anklicken interagiert werden kann. Beispielsweise liegt ein Zettel auf der Erde, durch das Anklicken hebt die Figur den Zettel auf, liest ihn und packt ihn in die Tasche bzw. Inventarliste. Bei Harper ist das Multitool wohl der wichtigste Begleiter. Mit diesem Werkzeug kann er mit verschiedenen Objekten interagieren und so die Story weiterführen. Und damit man nicht ständig damit beschäftigt ist, über die Szenenbilder zu gehen – Harper kann nämlich nur gemütlich schlendern und nicht laufen – besteht die Möglichkeit, sich von A nach B zu teleportieren. Das spart Zeit und verhindert mögliche Langeweile.
Trifft Harper auf eine Person, kann er sich mit ihr unterhalten. Bei Dialogen werden dann vorgefertigte Antworten eingeblendet, die ebenfalls durch Anklicken ausgewählt werden. Das gesamte Spielprinzip ist also ziemlich simpel. Wird bei Gesprächen mit anderen Personen zum Beispiel die falsche Antwort ausgewählt, hat das keinen Einfluss auf den weiteren Verlauf der Geschichte. Es darf also solange weitergeraten werden, bis die für die Story richtige Antwort gewählt wurde. Das macht das Spiel zwar etwas zu linear, für Kinder aber einfacher. Zwischendurch wird dann auch mal die Tastatur benötigt, aber nur sehr selten. An der einen oder anderen Stelle muss beispielweise ein Passwort eingegeben werden, um ein Rätsel zu lösen.
Für ein bisschen Abwechslung – Rätsel von einfach bis knifflig
Ein großer Bestandteil sind die unterschiedlichen Rätsel, auf die man bei Harpers Reise durch Yelltown trifft. Hier fällt den Testerinnen auf, dass einige Rätsel gar nicht so einfach zu lösen sind. „Bei den komplexen Aufgaben hätten wir uns eine Funktion gewünscht, die uns ein paar Tipps gibt“, meint Fiona. Beispielsweise sollen Spielende einen Stromkreis durch das Drehen von Leitungen erzeugen. Die Schwierigkeit nehme den Kindern vielleicht in diesen Momenten den Spaß. Da dürften also auch gerne die Eltern unterstützen.
Eine spannende Geschichte und anspruchsvolle Rätsel
Unforeseen Incidents macht richtig Spaß, da sind sich die Testerinnen einig. „Wir haben auf jeden Fall mitgefiebert, weil Harper einfach so sympathisch ist“, erklärt Celina. Dennoch wurde nie der Eindruck erweckt, dass man in irgendeiner Form gezwungen wird, weiter zu spielen. Die Speicherpunkte sind nämlich überschaubar gesetzt und eigentlich gar nicht nötig. Sollte man also pausieren müssen, weil die mit den Eltern vereinbarte Spielzeit abgelaufen ist oder man noch für die Schule lernen muss, so kann jederzeit ohne Probleme gespeichert und das Spiel beendet werden. Das finden die Testerinnen richtig gut. Insgesamt besteht keine Gefahr, dass Kinder verleitet werden, immer wieder weiter zu spielen. Wenn die Story nach ca. 15 Stunden beendet ist und der Abspann über den Bildschirm flimmert, gibt es eigentlich keine weiteren Anreize, das Abenteuer nochmal zu spielen. Insgesamt schafft es die Geschichte durch den Ausgleich zwischen Humor und Grusel, dass die Spieler*innen zwar stets mitfiebern, sich aber emotional abgrenzen können. Über manche Antwortmöglichkeiten mag man dennoch etwas länger nachdenken, wenn es beispielsweise darum geht, ob jemandem vergeben werden soll oder nicht.
Dank der Rätsel und der spannenden Geschichte, bei der nur Schritt für Schritt die Wahrheit und Informationen über Harpers Vergangenheit ans Tageslicht kommen, besteht zu keiner Zeit Langeweile. „Es hätte aber ruhig noch das eine oder andere zusätzliche Minispiel geben können“, erklärt Celina. Außerdem seien ein paar Rätsel ziemlich frustrierend.
Audiovisuelle Darstellung
Die comicartig gezeichnete Grafik legt Wert auf Liebe zum Detail. In den vier Kapiteln werden unterschiedliche Szenarien zwischen bunten Farben und einer grauen, dunklen Atmosphäre geschaffen. Die deutsche und die englische Sprachausgabe sind sehr gut gelungen und auch die Musik ist abwechslungsreich und fügt sich in die Atmosphäre ein.
Es gibt keine versteckten Kosten und der Titel hat mit aktuell ca. 20€ einen fairen Preis. Auch eine Internetverbindung ist nicht nötig, sobald man das Spiel über Steam oder einen anderen Store heruntergeladen hat. Es wird auch zu keiner Zeit verlangt, persönliche Daten anzugeben. Natürlich muss man sich bei Steam mit einer E-Mail-Adresse und einem Passwort registrieren, aber dazu können sich bei jungen Kindern auch die Eltern bereit erklären.
Fazit
Die Testerinnen Celina und Fiona loben den Ausgleich zwischen Grusel und Humor. Die Steuerung ist simpel und beschränkt sich auf das Anklicken von Objekten und Punkten. Manchmal kann es hier vorkommen, dass ein Objekt durch Harper blockiert wird und dadurch nicht angeklickt werden kann. Die gesellschaftsrelevanten Kontexte können vielleicht noch nicht von allen verstanden werden, dennoch gelingt es dem Spiel, gewisse Normen und Werte aufzuzeigen, die mit Kindern besprochen werden können. So ist es auch gerechtfertigt, dass Unforseen Incidents als bestes Jugendspiel 2019 beim Deutschen Computerspielpreis ausgezeichnet wurde. Nur der Schwierigkeitsgrad von manchen Rätseln und die – zugegeben gering gehaltene – Darstellung von Tod und Blutanimationen verhindern eine Empfehlung für jüngere Kinder.
Bewertung der Spieletest-Gruppe
GAMER TREFF Jugendzentrum Blomberg
BlombergWas ist gut? Was ist schlecht?
+ vielschichtige Story (auch über gesellschaftsrelevante Themen)
+ ein gelungenes Gleichgewicht zwischen Humor und Grusel
+ Speichern jederzeit möglich
+ Untertitelfunktion (Sprechblasen) für Hörgeschädigte
– teilweise sehr schwierige Rätsel
– keine Hilfefunktion, wenn man nicht weiterkommt
Unsere Tipps an Erwachsene:
- Registrieren Sie sich bei Steam oder einem anderen Store mit Ihren Anmeldedaten, damit Sie jederzeit einen Überblick über das haben, was Ihr Kind spielt.
- Spielen Sie Unforeseen Incidents mit den Kindern gemeinsam und reflektieren Sie die gesellschaftsrelevanten Themen.
Unsere Tipps an Kinder und Jugendliche:
- Setzt euch ein Zeitlimit, damit ihr andere Sachen nicht vergesst. Ihr könnt schließlich jederzeit speichern.
- Manche Rätsel sind ziemlich knifflig. Holt euch einfach bei euren Eltern oder Geschwistern Hilfe.
