Cover von Valiant Hearts: The Great War
Spielbeurteilung

Valiant Hearts: The Great War

Gut erzählte interaktive Geschichte mit spielerischen Schwächen.

Bewaffnete Männer rennen über ein Feld. Rauchwolken steigen aus einem hinter ihnen liegenden Feld auf.
Zwei bewaffnete Männer schauen zu einem Hund. Eine Person kommt hinter einem Busch in der Nähe hervor. Weiter hinten sind Gebäude die brennen.
Bewaffnete Männer stehen um einen Wassertank herum. Ein Mann mit festgeketteteten Füßen steht neben dem Tank und schaut einen Hund an, welcher Wasser bekommen soll.
4
5

Jugendschutz & Altersempfehlung

USK Alterskennzeichen

USK ab 12
USK ab 12 freigegeben

Spielmodi:

  • nur alleine spielbar

Pädagogische Altersempfehlung

14
spielbar ab 14 Jahren

Ernste Themen zu Krieg und bedrückende Stimmung.

Spielbeschreibung

Bei Valiant Hearts: The Great War handelt es sich um ein 2D-Adventure, welches thematisch im Weltkrieg verortet ist. Anders als bei vielen Computerspielen mit Weltkriegsthematik üblich allerdings nicht im Zweiten, sondern im Ersten Weltkrieg, also den Jahren 1914 bis 1918. Dabei wird die fiktive Geschichte von fünf verschiedenen Charakteren erzählt und ist in Teile der tatsächlichen Weltkriegsgeschichte eingebettet. Darin sind laut Angaben der Hersteller historische Briefe von Soldaten eingeflossen, die im ersten Weltkrieg gekämpft haben. Bei den Charakteren handelt es sich um den französischen Bauern Emile, seinen deutschen Schwiegersohn Karl, den der Fremdenlegion beigetretenen Amerikaner Freddie, die belgische Studentin und Sanitäterin Anna und den Sanitätshund Walt. Ihre Geschichten verstricken sich durch Beziehungen oder Zufälle mehr und mehr und laufen trotz ihrer Unterschiede zu einem gemeinsamen Strang zusammen. Die Spieler*innen steuern im Laufe der Geschichte im Wechsel einen der genannten Charaktere (teilweise mit dem Hund Walt als zweite Figur) und müssen verschiedene Rätsel lösen.

Pädagogische Beurteilung

Schrecken im Comic-Look

In 4 Kapiteln und 27 Missionen kämpft sich der*die Spielende an der Seite der fünf verschiedenen Charaktere durch die Szenarien des Ersten Weltkrieges. Die bereits genannten Charaktere werden während dieser Missionen – die sich an historischen Schauplätzen und Schlachten an der Westfront orientieren – im Wechsel durch die Level gesteuert. Gezeichnet ist das gesamte Spiel im Comic-Look und verzichtet auf allzu blutige Darstellungen, wo sich diese vermeiden lassen. Anders als bei den meisten anderen Spielen mit Kriegsthematik handelt es sich hier nicht um einen Ego-Shooter oder ein Strategiespiel, sondern um ein Adventure, das sich überwiegend als Sidescroller (Man steuert die Spielfigur nach links oder rechts durch die Level und die „Kamera“ folgt dem Charakter) präsentiert. Ausnahmen sind Passagen, in denen die Spielenden mit einem Auto auf der Flucht sind und Hindernissen, Bomben etc. ausweichen müssen. Dennoch wirkt die optische Präsentation dem Schrecken eines Krieges entsprechend angemessen und steigert sich im Verlaufe des Spiels von Bombeneinschlägen und einzelnen Toten bis hin zu schwer Verletzten, Leichen im Vorder- und Hintergrund und ganzen Reihen von Soldaten, die um die Spielfigur herum durchs gegnerische MG-Feuer laufen und getötet werden. Während die Figuren innerhalb der Spielszenen mittels Stichworten und mit Bildern gefüllter Sprechblasen kommunizieren, gibt es zwischen verschiedenen Missionen einen gesprochenen Erzähler.

Steuerung nach Bedarf

Gesteuert werden die Helden mittels Tastatur (am PC) oder Gamepad (PC + Konsole). Im Test am PC machte die Steuerung mit dem Gamepad allerdings mehr Freude. Die Steuerung per Tastatur fiel aufgrund der Tastenanordnung – die auf dem Gamepad praktischer erscheint – etwas schwerer. Wer dennoch mit Tastatur spielen möchte und wem die Tastenzuordnung in der Grundeinstellung nicht gefällt, der hat aber auch die Möglichkeit, diese in den Optionen individuell zu ändern. Bewegt werden die Figuren mit den Pfeiltasten / dem Analogstick und können per Tastendruck Gegenstände benutzen, aufheben, werfen oder Personen ansprechen.

Eine interaktive Geschichte…

Valiant Hearts erzählt für ein Computerspiel sehr überzeugend verschiedene Geschichten des ersten Weltkrieges und versorgt den Spielenden neben der Mischung aus fiktiven Schicksalen der Protagonisten und deren Einbettung in reale Settings des Weltkrieges, auch noch mit zahlreichen Fakten zur Thematik. Diese werden im Laufe des Spielfortschritts freigeschaltet und lassen sich – ähnlich wie ein Wikieintrag – per Tastendruck aufrufen. Bei diesen Informationen wurde – abseits der fiktiven Story der Protagonisten – Wert auf die korrekte Darstellung der Fakten gelegt. Des Weiteren ist es möglich in den verschiedenen Levels Dinge wie Briefe oder Gebrauchsgegenstände – wie z.B. eine Tabakdose aus Munitionsresten oder den selbstgebastelten Vorgängern einer Gasmakse –  einzusammeln, zu denen es dann auch eine Erläuterung bezüglich ihrer historischen Bedeutung gibt.

…oder doch genug (Geschicklichkeits-)Spiel?

Leider fallen die Rätsel im Spiel häufig sehr ähnlich aus. In der Regel müssen Hebel betätigt werden, um einen Mechanismus in Gang zu bringen, der einem den Weg ebnet. Oder der Hund Walt muss an den richtigen Orten eingesetzt werden, um einen Gegenstand für den Helden herbeizuschaffen. In einigen Leveln besteht die Hauptaufgabe darin, andere computergesteuerte Charaktere anzusprechen und ihnen einen bestimmten Gegenstand zu bringen. Neben dem geringen Variationsreichtum an Aufgaben bietet das Spiel auch keinen sehr hohen Schwierigkeitsgrad. Die Rätsel dürften für die wenigsten geübten Spielenden eine Schwierigkeit darstellen. Valiant Hearts versucht hier primär die Geschichte zu erzählen und diese durch interaktive Elemente zu bereichern. Der Schwierigkeitsgrad lässt sich im Spiel auch nicht weiter anpassen, bis auf eine „Veteranenmodus“ genannte Option. Schaltet man diese ein bekommen Spieler*innen auf Wunsch einen bebilderten Hinweis darauf, wie es an der aktuellen Stelle im Spiel weitergeht, insofern sie ein paar Minuten keine Fortschritte erzielen konnten.

Fazit

Die Spielmechanik ist nicht unbedingt das, was im Test fesselte. Vielmehr war es ein Weiterspielen um der Geschichte und der Schicksale der Charaktere Willen. Diese wachsen einem mit ihren individuellen Schicksalen und Erlebnissen, mit ihren Erfolgen und Rückschlägen sowie Ängsten und Hoffnungen durchaus ans Herz. So denn man auch an der Thematik an sich Interesse hat sind auch die kurzen historischen Artikel und Hinweise sehr spannend und lehrreich, gerade da der Erste Weltkrieg in der Regel – oft auch in der Schule – eher Randthema ist. Ein wenig unangenehm aufgefallen ist das Bild des Klischee-Deutschen hochrangigen Soldaten, der im Feldlager Bier trinkt und Brezeln isst, während um das Lager herum die Bomben fallen, oder der deutsche „Oberbösewicht“, der als Figur im Gesamtkonzept des Spiels etwas deplatziert wirkt. Von diesen Problemen abgesehen zeichnet Valiant Hearts einen Teil der Geschichte des Ersten Weltkrieges allerdings beeindruckend nach. Dabei werden die Gefühle und Gedanken der Protagonist*innen deutlich gemacht, psychologische Konflikte aufgezeigt und die Grausamkeiten des Krieges verdeutlicht und das Ganze in einer steigenden Intensität. Dabei liefert Valiant Hearts auch erschreckende Bilder ohne aber unnötig überspitzt auf Brutalität zu setzen. Da das Spiel allerdings eine bedrückende Stimmung schafft und es erst mit dem Interesse an der Historie relevant wird bietet es sich für Spielende ab ca. 14 Jahren an.