Unrailed!

Unrailed! ist ein kooperatives Multiplayerspiel, in dem man, zusammen oder im Duell gegeneinander, Schienen für eine Zugstrecke in einer automatisch generierten Blockwelt bauen muss, um seinen automatisch laufenden Zug einen freien Weg zum nächsten Bahnhof zu ermöglichen. Um die Schienen bauen zu können, muss man als kleine putzige Spielfigur mit Werkzeugen die benötigten Ressourcen aus der Landschaft abbauen. Nach jeder Station als Zwischenziel kann man seinen Zug aufwerten, um weitere Herausforderungen bewältigen zu können. Spielziel bleiben die Strecke, die man Meter für Meter baut, ohne dass der Zug am Ende der unfertigen Gleise zerstört wird und man mit einem neuen Versuch wieder von vorne anfangen muss. Ein anderes Spielziel gibt es nicht, jedoch kann der Schwierigkeitsgrad angepasst werden.

Pädagogische Beurteilung

Schiene für Schiene

Es ist zu empfehlen, dass alle Neulinge das ausführliche Tutorial spielen, um die Grundlagen des Spiels zu verstehen. Nach dem Tutorial kann im Hauptmenü die jeweilige Herausforderung eingestellt werden. Das Spiel erstellt automatisch die jeweilige Welt und nach einer kurzen Eingewöhnungszeit bewegt sich der Zug vom Startbahnhof und rollt unaufhaltsam in langsamem Tempo die Schienen entlang, bis er entweder die nächste Station erreicht hat oder nach der letzten gebauten Schiene kaputtgeht. Dies gilt es von den Spielenden zu verhindern, indem sie alle Ressourcen für den Bau der Schienen in der Landschaft abbauen, einsammeln und auf dem Waggon am Zug abladen, da sich dort die automatische Produktionswerkstatt befindet, die dann die Schienen herstellt. Jede einzelne Ressource wird für etwas Bestimmtes benötigt, die Anzahl der Ressourcen bleibt dabei kindgerecht gering und ist einfach zu verstehen.

Die Steuerung ist ebenfalls einfach und schnell erlernt. Für das Abbauen der Ressourcen (Holz, Stein & Wasser) muss man mit dem passenden Werkzeug in der Hand gegen das Objekt laufen und es wird automatisch abgeholzt, abgebaut oder das Wasser im Eimer gesammelt. Während das Wasser im Eimer aufgefüllt wird, bleiben die anderen Ressourcen auf dem Boden zurück und müssen extra aufgehoben werden. Die Ressourcen oder weiter verbauten Schienen können dann per Klick abgelegt oder aufgesammelt werden. Alle Mitspielenden können nur einen Gegenstand in der Hand halten, also entweder das Werkzeug oder das Holz oder die gebaute Schiene. Diese Aufteilung ist Teil der Herausforderung und benötigt somit Koordination und Absprache in der Gruppe. Man kann das Spiel auch ohne jegliche Absprachen und nach Gefühl spielen, jedoch wird es erheblich leichter, wenn man sich abspricht, wer sich um welche Ressource kümmert und wer sich um den Transport der einzelnen Produkte kümmern möchte. Bei vier Mitspielenden ist dies am einfachsten möglich, die größere Hektik entsteht, wenn weniger Mitspielende mehr Aufgaben erledigen müssen.

Meter für Meter, Biome für Biome

Es ist während einer Spielrunde wichtig, den Überblick zu behalten und was gerade dringend oder in ein paar Minuten benötigt wird. Manche Runden finden dadurch ein plötzliches Ende, weil man während des fröhlichen Herumlaufens vergaß, genug freien Platz zu schaffen oder das Holz nicht zum Produktionswaggon gebracht wurde und der rollende Zug an das Gleisende auffuhr.

Ist der nächste Bahnhof erreicht, kann man die gewonnenen Punkte für den Ausbau des eigenen Zuges ausgeben, um die nächste Etappe einfacher angehen zu können. Zusatzschrauben, welche sich im Level selbst befinden, können als Nebenziel eingesammelt werden. Jedoch besteht auch die Gefahr, dann das Ausbauen der eigenen Hauptstrecke zu vernachlässigen und die gesamte Runde zu verlieren. Hierbei wird jeglicher Fortschritt nicht für eine nächste Runde mitgenommen und es muss wieder bei null angefangen werden. Eine Partie kann somit mehr als eine halbe Stunde und länger dauern. Und während dieser langen Reise gibt es nur wenige Momente einer Pause. Entweder ist die jeweilige Landschaft die Herausforderung und die Mitspielenden müssen sich entscheiden, welchen Weg sie die Schienen legen wollen, Engpassagen durch ein Gebirge oder stehlende Räuber wollen das Projekt zu einem abrupten Ende bringen oder die Lokomotive selbst überhitzt und ein Brand führt auf Dauer den gesamten Zug und die Runde zu einem feurigen Ende.

Der Schwierigkeitsgrad variiert und steigt mit jedem Wechsel des Bioms. Entweder bedeutet eine karge Wüstenlandschaft Wasserprobleme und wenig Holz oder das Gebirge auf dem Weg zum nächsten Bahnhof ist so massiv, dass man sich nur mit gebautem Dynamit den Weg freisprengen kann. Trotz des gemächlichen Tempos des langsam tuckernden Zuges durch die Landschaft ist genug für die Mitspielenden zu tun und eigentlich passiert immer etwas Besonderes oder Unerwartetes.

(Kein) Kinderspiel

Trotz der kindgerechten Optik (die gesamte Welt ist kunterbunt und alle Figuren in einem Blockmuster im Stile von Minecraft gebaut) ist Unrailed! kein leicht zu spielendes Game. Die (gewollte) Schwierigkeit ergibt sich aus der Hektik, die entstehen kann, wenn man die passenden Ressourcen finden und zu den Produktionsstätten am Zug tragen muss. Zu Beginn und in den ersten Stationen kann man noch leicht Ressourcen und Schienen aufstapeln, um gut vorbereitet für die nächste Strecke zu sein. Mit jedem Wechsel des Bioms wird das Spiel aber schwieriger. Je nach Landschaft finden wir nun weniger Holz, Wasser wird zur Rarität oder große Gebirge stehen im Weg. Dann muss schnell und koordiniert gehandelt werden. Der Wechsel kann dafür selbst gewählt werden, indem man sich eine neue Lokomotive auswählt, die symbolisch für den neuen Schwierigkeitsgrad steht. Die Landschaft verändert sich dann schlagartig und nun müssen wir uns durch eine Schneelandschaft oder durch eine Wüste oder noch abgefahrenere Biome bauen; seit 2023 sogar unter dem Meer am Meeresboden!

Leider ist das Spiel für Jüngere kaum spielbar. In den Testrunden haben jüngere Kinder noch wenig Erfahrung mit kooperativen Absprachen und sich als Team selbstständig zu organisieren. Besonders den Überblick zu behalten ist eine Herausforderung, welche das Spiel trotz eines Kindermodus nicht berücksichtigt. Unabhängig des ausgiebigen Tutorials benötigen Kinder eine Weile, um sich in der neuen Welt zurechtzufinden und möchten diese zunächst einmal kennenlernen. Es bleibt jedoch keine Zeit, sich langsam an die Spielidee zu gewöhnen, weil der Zug bereits losfährt und zu wenig Schienen bereitliegen. Die Spielrunden waren trotz der Beteiligung von Erwachsenen sehr schnell vorbei, was zu mehr Frust als Spielspaß führte. Etwas schade, da dieser Umstand mit einem frei einstellbaren Countdown (im Kindermodus) schnell und einfach hätte gelöst werden können.

Für alle anderen bleibt es eine schöne Herausforderung, sich im Team mit den sich verändernden Gegebenheiten auseinanderzusetzen und sich kreativ abzusprechen. Der Spielspaß bleibt selbst bei mehreren Versuchen groß, da man sich mit jedem neuen Durchgang aufs Neue motivieren kann, diesmal noch weiter zu kommen. Das Spiel eignet sich daher entweder gemeinsam mit Freund*innen als Gruppe zusammenzuarbeiten oder sich gleichzeitig zu duellieren, wer alleine oder im Team weiter als die anderen kommt. Dafür wird der Bildschirm aufgeteilt und jede Gruppe absolviert gleichzeitig dieselbe Strecke. Ein größerer Bildschirm ist dabei von Vorteil, da die Spielfelder und Figuren sonst etwas zu klein geraten könnten.

Das Spiel enthält auch einen Editor. Jeder und jede Interessierte kann sich also aus all den Versatzstücken eigene Welten erschaffen und online mit anderen teilen. Durch die regelmäßigen Updates bis 2023 ist viel Abwechslung beim Erschaffen möglich.

Fazit

Das Züricher Team Indoor Astronaut hat mit ihrem Erstlingswerk Unrailed! ein kreatives und herausforderndes Multiplayerspiel erschaffen, in dem man alleine oder wahlweise als Team möglichst effizient agieren muss, um möglichst weit mit seiner Zugstrecke zu kommen. Im Team muss man sich gut absprechen können, weshalb Unrailed! auch als teambildende Maßnahme hervorragend geeignet sein kann. Im Spiel kann man auch gegeneinander als Herausforderung antreten, allerdings haben es Solospiende deutlich schwerer.

Da die Steuerung sehr leicht erlernt werden kann, finden auch ungeübte Spieler*innen einen schnellen Zugang. Da auch im Kindermodus der Zeitdruck eine große Rolle spielt, ist das Spiel trotz der kindlichen Optik weniger für Jüngere geeignet. Eine Runde endet sofort, sobald der Zug an das Ende des Gleises kommt und dies passiert viel zu schnell, bevor Kinder sich in Ruhe im neuen Level orientieren können. Zusammen mit Älteren ist Unrailed! jedoch gut spielbar, wenn sich Ältere an die schnelle Anfangsgeschwindigkeit angepasst haben und die wichtigsten Aufgaben unabhängig von den Jüngeren erledigt werden. Ein Nachfolger ist bereits für 2024 angekündigt worden.