Barrieren in kostenlosen Online-Games

04.05.2021 | Diversität

Hände bedienen Tastatur und Maus.

Das Projekt Gaming ohne Grenzen hat gemeinsam mit ihren inklusiven Spieletest-Gruppen zwei beliebte Online-Games auf Barrieren hin untersucht. Getestet wurde Gartic Phone – Stille Post und Skribbl.io. In beiden Titeln liegt der Hauptfokus auf dem Malen und Interpretieren von Bildern.

Screenshot aus Gartic Phone

Gartic Phone – Stille Post

Spielbeschreibung:

Das klassische Spiel Stille Post wird hier durch Malen erweitert. In Gartic Phone beginnen die Spieler*innen damit, sich einen lustigen Satz auszudenken und einzutippen. Die nächste Person ist dann an der Reihe, diesen Satz zu malen. Das Bild wird dann wiederum von der nächsten Person mit einem Satz beschrieben – und so weiter. Dabei gibt es weder Sieg noch Niederlage, am Ende werden die Ergebnisse für alle präsentiert und die Gruppe erfreut sich an den teils sehr lustigen Bildern.

Hören:

In Gartic Phone spielen Geräusche kaum eine Rolle, Hintergrundmusik gibt es gar nicht. Lediglich ein Telefon erklingt am Ende jeder Runde und signalisiert, dass die Zeit bald vorbei ist. Dies kann ein wichtiger Hinweis sein, allerdings gibt es auch eine Uhr, die anzeigt, wie viel Zeit noch verfügbar ist. Sobald das Telefon klingelt, ändert sich auch die Hintergrundfarbe.
Spieler*innen, die wenig oder gar nicht hören haben also keinerlei Nachteile, solange sie hin und wieder auf ihre Zeit achten.

Verstehen:

Für den Zugang zu Gartic Phone gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man betritt das Spiel direkt durch einen Link oder erstellt selbst eine Spielrunde. In beiden Fällen muss ein Spitzname eingegeben und auf START gedrückt werden. Um selbst zu einer Runde einzuladen, muss anschließend auf „Einladen“ gedrückt werden. Schon erhält man einen Link, der mit Freund*innen geteilt werden kann.
Es werden einige Voreinstellungen geboten, die das Spielgeschehen anpassen können. Daneben gibt es auch die Möglichkeit zu erweiterten Einstellungen. In unseren Spieletest-Gruppen waren zwei Optionen besonders interessant: Zum einen die Zeit – hier gibt es fünf Möglichkeiten, die Dauer zum Malen und Schreiben anzupassen: Kurz, mittel, lang, regressiv und dynamisch. In der Zeiteinstellung „Lang“ sind es etwa 5 Minuten, um das Bild fertigzustellen. Bei „Regressiv“ verkürzt sich die Zeit von Runde zu Runde, bei „Dynamisch“ läuft die Zeit erst dann ab, wenn die Mehrheit fertig ist.
Zum anderen die Voreinstellung „Imitation“. Hier wird ganz auf das Lesen und Schreiben verzichtet. Stattdessen müssen die vorherigen Bilder aus dem Kopf abgemalt werden. Dies ermöglicht, dass alle Kinder und Jugendlichen mitspielen können, unabhängig von Lese- und Schreibfähigkeiten. Es ist zudem auch nicht schlimm, wenn jemand mal keinen Satz schreibt. Denn dann erscheint für die nächste Person in der Runde einfach der vorherige Satz und es gibt keinerlei Unterbrechung.
Bei Gartic Phone werden Werbeanzeigen eingeblendet. Während des Spiels stören sie aber nicht, weil sie nur am Rand zu sehen sind.

Sehen:

Gartic Phone bietet zwar keine vorgefertigten Einstellungsmöglichkeiten in puncto Farben, gibt den Spielenden jedoch Zugriff auf das gesamte Farbspektrum. Wird sich vor der Runde besprochen, gibt es so die Möglichkeit, auf ausreichende Kontraste zu achten. Des Weiteren gibt es eine im Spiel integrierte Vorlesefunktion. Diese liest alle Sätze, die während der Präsentation am Spielende gezeigt werden verständlich vor. Hier wäre es eine tolle Ergänzung diese Funktion zu erweitern, damit auch die Sätze, die es zu malen gilt, vorgelesen werden können. Die Webseite ist jedoch kompatibel mit externen Screen-Readern.
Ein Zoom-Modus, wie wir ihn aus Programmen wie Paint kennen, wird allerdings nicht angeboten. Dies ist schade, da er eine tolle Bereicherung für etwas komplizierte Bilder sein könnte. Besonders wenn auf dem Handy gespielt wird!
Eine Hilfe kann an dieser Stelle natürlich die Zoom-Funktion des Computers oder Handys sein. Da die Webseite jedoch nicht darauf ausgelegt ist, verschwindet dann die Farb- und Stiftauswahl aus dem Sichtfeld.

Motorisch:

Viele unserer Tester*innen bemerkten, dass es gerade am Smartphone schwierig sein kann, detailreiche Bilder zu malen. Ihr Tipp: “Nutzt die fertigen Formen und Striche, die euch das Spiel bietet. Diese geben euch die Möglichkeit, gerade Linien zu ziehen und erleichtern euch das Spiel auf diese Weise etwas.”

Doch auch wenn es einigen Tester*innen schwer gefallen ist, ihr Bild so umzusetzen, wie sie es sich vorgestellt hatten, war die Frustration nicht besonders groß, denn: Gartic Phone ist nicht kompetitiv. Es gibt weder Sieg noch Niederlage. Unsere Erfahrung hat sogar gezeigt, dass gerade die etwas schiefen Bilder zu den lustigsten Ergebnissen führen können.

Fazit:

Die verrückten Bilder und Sätze, die am Ende jeder Runde präsentiert werden, sorgen in unseren Gruppen verlässlich für große Lacher. Dank den gut anpassbaren Einstellungen konnten wir all unseren Tester*innen ermöglichen, mitzuspielen. An einigen Stellen wären noch Ergänzungen möglich, um die Zugänglichkeit weiter zu erhöhen, gerade wenn auf dem Handy gespielt wird. Insgesamt wird jedoch eine hohe Barrierefreiheit und sehr viel Spielspaß geboten!

Eine Zeichung von einem Schneemann. An der Seite ist der Chat, in dem Wörter geraten werden

Skribbl.io

Spielbeschreibung:

Skribbl ist ein Malspiel, in dem die Spieler*innen gegeneinander antreten. Nacheinander ist jede Person an der Reihe, ein Wort zu malen. Dazu stehen immer drei vorgegebene Begriffe zur Auswahl. Die anderen haben die Aufgabe zu erraten, um welchen Begriff es sich handelt. Punkte gibt es für das Erraten von Begriffen sowie wenn das eigene gemalte Bild von vielen anderen erkannt wurde. Wer am Ende die meisten Punkte hat, gewinnt!

Hören:

Auch bei Skribbl spielen Geräusche und Musik kaum eine Rolle. Ein Geräusch erklingt immer dann, wenn ein Wort richtig erraten wurde, eine neue Runde beginnt oder eine Runde zuende ist. All diese Dinge werden jedoch auch ausreichend über Text und Bild dargestellt. Für Spieler*innen mit eingeschränktem Hörvermögen gibt es hier also keine Nachteile.

Verstehen:

Auch der Zugang zu Skribbl erfolgt über einen Link- selbst ein Spiel zu erstellen ist aber auch möglich. Anders als bei Gartic Phone ist es auch möglich, einem öffentlichen Spiel beizutreten. Die Sprachauswahl bestimmt die Begriffe im Spiel, die Buttons und Einstellungsmöglichkeiten gibt es leider nur auf Englisch. Mit ein bisschen Übung haben unsere Tester*innen diese Hürde aber bewältigt.
Leider gibt es am Anfang des Spiels Werbung in Form von Videos. Dann heißt es warten, bis man die Werbung überspringen kann und muss aufpassen, nicht aus versehen auf die Anzeige zu klicken.

Skribbl bietet eine schier unendliche Auswahl an verschiedenen Wörtern, die es zu malen und zu erraten gilt. Das führt zwangsläufig dazu, dass immer wieder eher schwierige Begriffe zur Auswahl stehen. Eine kleine Hilfe findet sich am oberen Bildschirmrand. Dort zeigen Striche an, wie viele Buchstaben das gesuchte Wort hat und teilweise werden manche Buchstaben schon vor Schluss aufgedeckt.
Allerdings gibt es keine Kategorien oder Schwierigkeitsgrade, die sich zu Beginn auswählen lassen. Dafür gibt es die Möglichkeit, eigene Wörter zu nutzen. Vor Spielbeginn können so viele Begriffe wie gewünscht in ein Feld eingetippt werden. Anschließend gibt es dann die Option, exklusiv nur die eigenen Wörter zu nutzen oder eine Mischung mit den spieleigenen Begriffen zu verwenden. So lassen sich der Schwierigkeitsgrad selbst etwas anpassen oder Wörter zu bestimmten Themenbereichen einfügen, wie etwa eine Runde nur mit Begriffen rund um Weihnachten.

Das Gaming ohne Grenzen Team empfiehlt: Erstellt eine Datei mit einfachen und bekannten Wörtern, die ihr vor Beginn einfach kopieren und einfügen könnt, so spart ihr euch viel Zeit und das Spiel wird einfacher.
Neben der Sprache lässt sich noch einstellen, wie viele Runden gespielt werden und wie lange die Zeit zum Malen sein soll. Das Maximum sind 3 Minuten.

Sehen:

In Skribbl gibt es zwar keinen Zugriff auf das gesamte Farbspektrum, dennoch wird eine große Auswahl an Farben geboten. So ist es auch hier möglich, immer auf ausreichend Kontrast beim Malen zu achten.
Einen Screen-Reader, der die Wörter die zur Auswahl stehen vorliest, gibt es leider nicht. Allerdings sind die Wörter mit einem externen Screen-Reader kompatibel.
Einen Zoom-Modus beim Malen bietet auch Skribbl nicht an. Hier gilt also dasselbe wie bei Gartic Phone. Die Zoom-Funktion des eigenen Gerätes kann zwar etwas aushelfen, die Webseite ist jedoch nicht besonders kompatibel, sodass wichtige Elemente nicht mehr auf dem Bildschirm zu sehen sind.

Motorisch:

Neben dem PC ist es auch möglich, Skribbl auf dem Handy oder Tablet zu spielen. Allerdings ist dies etwas knifflig – und das nicht nur wegen des kleineren Bildschirms. Wer Skribbl auf dem Smartphone öffnet, sieht nur einen kleinen Ausschnitt der Malfläche, was das Malen deutlich erschwert.
Daneben gibt es auch keine Formen oder fertige Linien, die gezogen werden können. Stattdessen gibt es nur die Wahl zwischen verschiedenen Pinselstärken und der Funktion, ein Feld komplett auszufüllen. So wird der Spielspaß für Menschen mit eingeschränkter Handmotorik möglicherweise verkleinert, vor allem weil auch gutes Zeichnen durch Punkte belohnt wird.

Fazit:

Insgesamt weist Skribbl an entscheidenden Stellen Barrieren auf, die von Gartic Phone besser gelöst werden. Insbesondere der Handymodus erschwert nicht nur motorisch eingeschränkten Spieler*innen den Zugang, sondern allen, die keinen Zugriff auf einen PC oder ein Tablet haben. Die Möglichkeit, dem Spiel eigene Wörter hinzuzufügen, ermöglicht es wiederum, den Schwierigkeitsgrad auf die Bedürfnisse der Gruppe anzupassen – das hat uns gut gefallen!