Moralisches Handeln in Games

01.06.2017 | Ethik & Moral

Moralisches und ethisches Handeln in Computerspielen macht deutlich, dass Spieler*innen eine enorm wichtige Position bei der Handlung nach sittlichen Prinzipien haben.

Moralisches und ethisches Handeln ist nicht von Normen zu trennen, die in der Gesellschaft und im Individuum verankert sind. Diese beschreiben Verhaltensmuster, welche Sanktionen und Regulationen mit sich ziehen können und als Vorgaben alltäglichen Verhaltens dienen, wobei gleichzeitig eine gewisse Schutz- und Entlastungsfunktion geboten wird. Dabei sollen auch vorhersehbare Folgen reflektiert werden, für welche die Spieler*innen Verantwortung übernehmen müssen. Durch die Abwägung von Kosten und Nutzen des beabsichtigten Handelns, können die Rezipient*innen eine verantwortliche Entscheidung treffen. Trotzdem entlasten sittliche Vorgaben das Individuum nicht vollkommen, sodass jedes aktiv handelnde Subjekt für sich und sein Handeln verantwortlich ist und das Gewissen letzten Endes die verbindliche Instanz des Urteils ist. Emotionen sind dabei maßgebliche Bedingungen für das Agieren nach moralischen Prinzipien und werden häufig aufgrund utilitaristischer Motive begründet.

Überträgt man diese Theorieansätze auf Computerspiele, wird auch hier deutlich, dass die Spieler_innen eine enorm wichtige Position bei der Handlung nach sittlichen Prinzipien einnehmen. Zum wesentlichen Teil wird dabei zwischen individueller und altruistischer Verantwortung unterschieden. Sobald die Spielenden aus der Isolation des Einzelspielermodus‘ austreten und sich auf Mehrspielerebene bewegen, werden sie dazu verpflichtet, berechnend und reflektiert zu handeln und zu kommunizieren. Diese Ebene der Öffentlichkeit erfährt eine Ausdehnung, sobald Computerspiele auf dem Games-Markt beworben und verkauft werden. Im Interesse der Einzelnen sollen in diesem Fall alle Minderheiten geschützt und Hass und Gewalt vermieden werden. In diesem Fall wird die Verantwortung u.a. der Entwickler*innen, Unternehmen unter Berücksichtigung von ethischen Grundprinzipien kumuliert und schließlich durch die USK autorisiert. Um allerdings von einer Verantwortlichkeit der Gesamtheit zu sprechen, muss zunächst der Einzelne betrachtet werden.

Infokarte eines NPC aus dem Spiel Last Exit Flucht

Last Exit Flucht

Die Spieler*innen befinden sich weder in einer wertfreien Gesellschaft, noch sind sie selbst völlig wertfrei. Das Spiel an sich ist im weitesten Sinne ein Abbild des reellen kulturellen Lebens, auch wenn beide Aspekte nicht auf die gleiche Ebene der Realität gesetzt werden können, und trägt somit schon moralische Werte in sich und setzt diese in den Rezipient*innen voraus oder fordert teilweise das Überdenken. Technische und regelbasierte Vorgaben determinieren das moralische Handeln von Spieler*innen, da so Vorgänge verhindert oder initiiert werden können. Hinzu kommen individuelle Aspekte, die auf einen bestimmten ethischen Hintergrund deuten, wie beispielsweise der Grad der Identifikation mit dem eigenen Avatar oder fremden Spielfiguren, wobei hier natürlich auch der Faktor des Mehrspielermodus‘ dafür verantwortlich ist, wie gehandelt wird. So werden die Rezipient*innen mit Sicherheit ein größeres Dilemma haben, bekannte Mitstreiter zu töten als Fremde, zu denen keine Bindung aufgebaut wurde. Letzteres resultiert auch aus gemeinschaftlich getroffenen Vereinbarungen bezüglich des Spiels und der Spieltaktiken. Demnach sollte den Spieler*innen bewusst sein, dass authentisches und verantwortungsvolles Spielen innerhalb virtueller Kontexte des Spiels nicht nur Auswirkungen auf das Spiel hat, sondern auch ausschlaggebende Auskünfte über das Verhalten der Spieler*innen außerhalb der virtuellen Welten preisgibt. Eben dieses Bewusstsein über das eigene und fremde Handeln führt zu sinnstiftenden Handlungen im Spiel.

Genau durch diese Faszination und Unterbreitung endloser Möglichkeiten können Computerspiele besonders gut für die Sensibilisierung von schwierigen Themen verwendet werden.

Literatur:

Hand-Günter Gruber: Ethisch denken und handeln
Rüdiger Funiok und Sebastian Ring: Moral im Spiel – Anforderungen und Rahmenbedingungen moralischen Urteilens. In: Computerspiele und Medienpädagogik – Konzepte und Perspektiven