Necrobarista
Visual Novel über Leben, Tod und das Loslassen.
Allgemeines
Jugendschutz & Altersempfehlung
Spielmodi:
- nur alleine spielbar
Zusatzinfos:
Pädagogische Altersempfehlung
Das Spiel ist sehr textlastig und beinhaltet düstere und traurige Momente.
Spielbeschreibung
Nekromantie, die Totenbeschwörung oder das Wiederbeleben toter Seelen, ein – laut dem Rat des Todes – illegales Handwerk. Das stört Rebellin Maddy jedoch nicht und hält sie nicht davon ab, im Keller ihres Cafés derartige Experimente durchzuführen. Das Café heißt „Der Terminal“ und befindet sich in Melbourne. Es stellt den Übergang zwischen Diesseits und Jenseits dar und steht sowohl verstorbenen als auch lebenden Personen offen.
In den 4 Tagen, welche die Visual Novel behandelt, lernen wir Kishan, der kurz vor seinem Weg ins Jenseits steht, Ned, der für Recht und Ordnung sorgt, Chay, Maddys engsten Vertrauten, und Ahley, ein kleines Genie, kennen. In verschiedenen Handlungs- und Beziehungssträngen werden alte Storys ausgepackt und Lösungen für aktuelle Probleme gefunden, außerdem wird gewitzelt und natürlich viel Kaffee getrunken. Da vergisst man auch mal schnell, dass es auch ums Sterben, die Hölle und gescheiterte Versuche, Chay wiederzubeleben, geht. Die Charaktere sind alle einzigartig und tragen zu einem runden Gesamtkonstrukt bei.
Pädagogische Beurteilung
Bezaubernde Bilder, entspannende Klänge
Wir befinden uns in einer 3D-Umgebung, die an den Anime-Stil angepasst wurde. Sie ist nicht unbedingt realitätsnah, aber auch nicht völlig abstrakt und lädt zum Eintauchen ein. Die Café-Atmosphäre macht das Ganze gemütlich, sodass es leicht fällt, sich darin zu verlieren. Allerdings leuchtet die Grafik auch sehr, wodurch manchmal das Gefühl entsteht, als würde man geblendet. Im Laufe der Dialoge gibt es auch immer wieder kurze Zwischenanimationen, wenn einer der Charaktere z.B. einen Kaffee trinkt oder sich seine Gesichtszüge prägnant ändern. Diese lockern das starre Lesen auf und sind mit viel Liebe erstellt worden. Zu der atmosphärischen Bildgestaltung gesellt sich die stets passende Musik. Wenn die Geschichte actionreicher wird, wird auch der Sound fetziger, in Konfrontationssituationen bekommt er einen bedrohlichen Twist. Bei ernsteren oder „heimlichen“ Gesprächen kann es hingegen auch mal völlig still sein.
Nur für Lesefreudige!
Besonders hervorzuheben ist, dass es sich bei Necrobarista um eine Visual Novel handelt. Novel ist englisch für Roman und das fällt auf – es gibt kaum Elemente zum Interagieren. Die einzelnen Episoden sind wie Buchkapitel und mithilfe der Enter-Taste erscheint immer wieder neuer Text. Nach jeder Episode tauchen Begriffe auf dem Bildschirm auf, die im Laufe der vorangegangenen Geschichte erwähnt wurden. Von diesen Begriffen müssen 7 Stück durch Anklicken ausgewählt werden. Im Anschluss klickt man erneut auf die ausgewählten Wörter und es erscheinen dazugehörige Kategorien auf dem Bildschirm. Diese stehen im Zusammenhang mit der Gesamtgeschichte und sind z.B. in Tod, Überlieferung, Melbourne, aber auch Speisen oder die einzelnen Charaktere, wie Ned oder Ashley, aufgeteilt. Diese Worte lassen sich später zu einer Erinnerung kombinieren, sodass kleinere Kurzgeschichten gelesen werden können. Das Sammeln der Begriffe und das Lesen anderer Geschichten sind die einzige Interaktion. Ansonsten ist das gesamte Spiel sehr leselastig.
Tod als Leitthema
Wie bereits erwähnt, spielt das Thema Tod eine wichtige Rolle. Dabei wird es aber nicht in Verbindung mit Gewalt gebracht oder erhält eine negative Konnotation. Generell geht es nicht um das Leben vor dem Tod, sondern eher darum, was danach passiert. Durch die gemütliche Café-Atmosphäre und die Skizzierung der einzelnen Charaktere ist die Grundstimmung der Geschichte aber nicht traurig, sondern eher lustig und absurd. Da es sich beim Terminal ja sozusagen um die Zwischenebene zwischen Tod und Leben handelt, in der es so etwas wie Nekromantie, Geister, einen Rat des Todes und unzählige Regeln gibt, wohnt dem ganzen auch eine gewisse Komplexität inne. Dann fällt es einem schwer, die ganzen Gegebenheiten nachzuvollziehen und in den Kontext der Geschichte einzuordnen. Aus diesem Grund ist die Visual Novel eher für ältere Leser*innen geeignet.
Freundschaften und vielfältige Charaktere
Neben dem Tod gibt es ein weiteres zentrales Thema, nämlich Freundschaft. Viele Handlungen der Charaktere lassen sich auf ihre Beziehungen zueinander zurückführen. Kishan, der von den anderen Charakteren quasi durch die ganzen Tage mitgezogen und aufgeheitert wird, lernt schließlich Ned kennen, der beim Rat des Todes arbeitet. Von ihren Gesprächen inspiriert, schließt Kishan sich letztendlich dem Rat des Todes an. Dadurch kann er Maddys Zeitschulden, die sich dadurch angesammelt haben, dass sie Verstorbenen oft gestattet, sich länger als 24 Stunden im Café aufzuhalten, löschen und vorerst bei seinen Freunden bleiben. Ned und Chay sind wiederum alte Bekannte, da beide bereits sehr lange leben und schon einiges gemeinsam durchgemacht haben. Chays und Maddys Beziehung ist ebenfalls eine ganz Besondere, da er all die Jahre ihr Mentor war und ihr das Café übergeben hat. Und Ashley wurde quasi von Maddy adoptiert und verbringt viel Zeit mit ihr, da die beiden viel verbindet. Generell bieten die Charaktere viel Identifikationsfläche – Maddy ist frech, vorlaut und sarkastisch, aber hat eine gute Seele, während Chay sehr einfühlsam ist und es jedem Recht macht. Gegenüber der rebellischen Maddy steht oftmals Ned, der als Mitglied des Rates Regeln gewohnt ist und sich auch wünscht, dass diese eingehalten werden. Kishan kommt bei seiner Ankunft im Café sehr unsicher rüber, entwickelt sich im Laufe der Geschichte aber und lässt seine tapfere Seite durchschimmern. Die Jüngste im Bunde, Ashley, ist ein kleines Genie und verbringt ihre Freizeit hauptsächlich damit, sich neue Erfindungen auszudenken.
Fazit
Die Geschichte von Necrobarista ist grundsätzlich sehr greifbar, interessant geschrieben und fesselnd – nicht zuletzt durch die stimmige Gestaltung der Charaktere. Themen wie Nekromantie, das Leben nach dem Tod oder letzte Verabschiedungen verleihen dem Ganzen kurze düstere oder traurige Momente und eine gewisse Komplexität, weshalb die Visual Novel nicht für zu junge Leser*innen geeignet ist. Außerdem muss einem klar sein, dass es sich weniger um ein Game im klassischen Sinne handelt, sondern wirklich viel mehr um einen bebilderten und wenig interaktiven Roman. Wer aber genau das sucht, dem steht ein tolles Leseerlebnis bevor, das einem erlaubt, in die Welt einzutauchen und durch wunderschöne Bilder und Musik zum Verweilen einlädt.