Gaming mit Behinderung – So spiele ich mit einer Körperbehinderung!

28.11.2023 | Diversität

In diesem Interview berichtet die Bloggerin und Gamerin Marlene von ihren Erfahrungen beim Spielen und welche Anforderungen sie persönlich an Barrierefreiheit in digitalen Spielen hat. So möchten die Teams vom Spieleratgeber-NRW und Gaming ohne Grenzen Sichtbarkeit für verschiedene Behinderungen schaffen und einen Beitrag zur Förderung von Barrierefreiheit in Games leisten.

Titelbild zum Artikel

Die Anforderungen an Barrierefreiheit digitaler Spiele sind so vielfältig wie die Menschen, die diese nutzen wollen. Behinderungen fallen sehr unterschiedlich aus und so stoßen Spieler*innen auf sehr verschiedene Barrieren. Dann heißt es oftmals kreativ werden: Einige nutzen Technologien oder entwickeln andere hilfreiche Strategien. Doch nicht alle Hürden lassen sich selbständig überwinden. So wird der Wunsch der Community immer deutlicher, Menschen mit Behinderung in den neuesten Spiele-Entwicklungen mitzudenken, mit einzubeziehen und Gaming langfristig für alle zu ermöglichen.

Hallo Marlene! Vielen lieben Dank, dass du dir Zeit für das Interview nimmst. Es wäre großartig, wenn du dich kurz vorstellen könntest und uns dabei erzählen würdest, welche Bedeutung das Spielen von digitalen Spielen in deinem Leben hat. Welche Games spielst du am liebsten?

Marlene BeilharzIch bin Marlene Beilharz, bin 26 Jahre, und beschäftige mich seit langem intensiv mit digitalen Spielen. Sowohl privat als auch im Bachelor Theaterwissenschaft und im Master Film- und Medienkulturforschung.
Für mich ist Spielen schon immer sehr wichtig, da es mir Selbstständigkeit ermöglicht. Digitale Spiele sind eine der wenigen Dinge, die ich alleine machen kann (vorausgesetzt die Steuerung ist für mich möglich). Ich spiele gerne Adventures (Point&Click), Serious Games und rundenbasierte Strategiespiele etc..

Spielen bedeutet für dich eine Form von Selbstständigkeit, aber nicht alle Spiele ermöglichen dir eine Steuerung. Magst du einmal erklären wieso?

Da ich schwer körperbehindert bin, brauchen Spiele bestimmte Voraussetzungen: Am besten kann ich Spiele spielen, die story- oder rundenbasiert sind, keine Tastatur benötigen und im Idealfall nur Mausrichtungen und Linksklick benötigen. Für Funktionen wie gezogene (linke) Maustaste oder Rechtsklick brauche ich Zusatztasten. Diese kann ich aufgrund meiner Bewegungsstörung nicht uneingeschränkt verwenden. Ich schaffe maximal zwei Zusatztasten – mehr schaffe ich nicht. Manche Spiele kann ich nicht verlassen, weil ich Escape drücken muss. Oder ich komme nicht ins Inventar, weil ich I gedrückt halten und gleichzeitig ein Item anklicken muss. Das funktioniert nicht. Ich kann eben gar keine Tastatur benutzen. Viele Leute vergessen, dass Escape oder Leertaste auch Tastatur ist. Bei der Kategorie „Onlymousegames“ musste ich bei einem Spiel (Orwell, was wirklich spielenswert ist) erstmal meinen Namen eingeben! Immerhin ging danach alles. Wenn eine Bildschirmtastatur auf dem Interface integriert wäre, könnte ich sie auch mit der Maus ansteuern. Und ein Icon statt Escape ist ja auch machbar.

Szene aus dem Spiel Orwell: Ansicht auf einen öffentlichen Platz in einer Stadt

Orwell (Osmotic Studios) ist nur mit der Maus steuerbar, du musst aber zu Beginn deinen Namen per Tastatur eingeben.

Hast du auch schon einmal Erfahrungen mit Games gemacht, die zunächst für dich spielbar waren, aber durch bestimmte Barrieren im Spielverlauf dich nicht weiterspielen ließen? Wenn ja, was waren das für Spielelemente oder fehlende Einstellungsmöglichkeiten?

Ja! Manchmal sind es Minigames, die ein Zeitlimit haben oder mit Tastatur zu spielen sind. Wenn diese Minigames nicht zu überspringen sind, kann ich (alleine) nicht weiterspielen. Bei einem Spiel (Siebenstein) waren es Jump’n’run-Elemente in einem Kinderspiel. Da die Spielweise ziemlich einfach war, hätte es wahrscheinlich mit einer Funktion „Springen“ auf Linksklick zu legen funktioniert.

Wenn du dich jetzt einmal direkt an Spieleentwickler*innen richtest. Was würdest du dir für die Zukunft wünschen?

Barrierefreiheit muss schon im Entwicklungsprozess mitgedacht werden. Leute mit unterschiedlichen Einschränkungen sollten frühzeitig in den Entwicklungsprozess mit eingebunden werden, um Probleme bei der Accessibility zu vermeiden.

Szene aus Life is strange: Max und Chloe sitzen auf einem Autowrack

Marlene berichtet auf ihrem Blog über Spiele, wie beispielsweise Life is Strange (DON’T NOD).

Ja, das halte ich auch für sehr sinnvoll! Du hast ja auch einen eigenen Blog, auf dem du über deine Erfahrungen berichtest. Magst du diesen einmal vorstellen? Was sind so die Themen, mit denen du dich dort in der nächsten Zeit beschäftigen möchtest?

In meinem Blog digitalebarrierefreiheit.com schreibe ich über meine persönlichen Erfahrungen mit Accessibility in Computerspielen, so wie in meinem sonstigen Alltag. Neue Computerspiele, positive und negative Beispiele sind die Hauptthemen.

Wir empfehlen auf jeden Fall allen, deinem Blog mal einen Besuch abzustatten! Vielen Dank Marlene, dass du deine Erfahrungen mit uns geteilt hast! Gibt es abschließend noch etwas, das du anderen Menschen mit auf den Weg geben möchtest?

Mir fällt im Moment nichts ein. Höchstens als abschließenden Gedanken, dass ich finde, Themen wie Accessibility sollten bereits in der Ausbildung einen höheren Stellenwert einnehmen … Es ist schön, wenn Firmen positiv auf Feedback reagieren und bereit sind etwas zu ändern. Es gibt viele verschiedene Beeinträchtigungen. Je früher diese berücksichtigt werden, desto besser die Möglichkeiten, etwas dagegen zu tun.